Russlands Präsident Putin bekommt die Wut der Bürger zu spüren. Vor seiner Amtseinführung am Montag demonstrieren Zehntausende.

Moskau. Gewalt, Verletzte und Hunderte Festnahmen vor der Amtseinführung des russischen Präsidenten Wladimir Putin: Bei einer Massenkundgebung sind russische Polizeieinheiten am Sonntag gegen gewaltbereite Regierungsgegner vorgegangen. Augenzeugen sprachen von blutigen Szenen und Hunderten Festnahmen im Stadtzentrum. Dort protestierten mehrere Zehntausend Menschen gegen Putins Rückkehr in den Kreml an diesem Montag. Die Polizei sprach von 400 Festnahmen.

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In Gewahrsam kamen auch Ex-Vize-Regierungschef Boris Nemzow, der Internetblogger und Anwalt Alexej Nawalny sowie der linke Oppositionspolitiker Sergej Udalzow. Ihnen droht jeweils eine Arreststrafe von 15 Tagen. Bei einem Unglück am Rande der Kundgebung starb ein Mann, der aus einem Haus heraus Fotos von der Kundgebung machen wollte, dabei das Gleichgewicht verlor und in die Tiefe stürzte.

Menschenrechtler warfen der Polizei unkontrollierte Brutalität vor, gaben aber auch radikalen Provokateuren unter den Demonstranten die Schuld an der Eskalation der Lage. Videoaufnahmen zeigten, wie die eigentlich auf Anti-Terror-Einsätze spezialisierte Sonderpolizei Omon mit Schlagstöcken wahllos auf friedliche Demonstranten einschlug.

Mindestens sechs Menschen mussten mit Prellungen, Schürfungen und teils auch Schnittwunden im Krankenhaus behandelt werden. Die Anti-Putin-Proteste der Wintermonate waren zuletzt stets friedlich verlaufen. Diesmal kamen nach Angaben von Experten wieder deutlich mehr als zuletzt und mehr als erwartet. Schätzungen gingen zwischen 50 000 und 70 000 Menschen aus. Die Organisatoren sprachen von mehr als 100 000 Demonstranten.

Nach Angaben der Polizei gab es unter den Demonstranten Provokateure, die mit Steinen und Flaschen warfen. Die Polizei sprach von Verletzten auch unter den Einsatzkräften sowie von Gewalt seitens der Demonstranten gegen Journalisten vom Staatsfernsehsender NTW. Die Opposition forderte Zugang zum Fernsehen, das vom Kreml kontrolliert wird.

Der Politiker Gennadi Gudkow von der im Parlament vertretenen Partei Gerechtes Russland wertete die Ereignisse als eine Radikalisierung der Proteststimmung in der Bevölkerung. „Der Grund ist, dass es keinen Dialog zwischen den Machthabern und den Menschen gibt“, sagte Gudkow der Agentur Interfax.

Ex-Geheimdienstchef Putin kehrt bei einer Feier mit 2000 Gästen an diesem Montag nach vier Jahren im untergeordneten Amt des Regierungschefs zum dritten Mal nach 2000 und 2004 in den Kreml zurück. Nach einer Verfassungsänderung dauert die Amtszeit diesmal nicht mehr vier, sondern erstmals sechs Jahre.

Putin war bei einer von Manipulationsvorwürfen überschatteten Wahl am 4. März mit 63,6 Prozent der Stimmen gewählt worden. Ungeachtet der Massendemonstrationen für ehrliche Wahlen in Russland gehen Beobachter und Umfragen davon aus, dass die Zustimmung für den Kremlchef bei mehr als 50 Prozent liegt.

(dpa)