Hamburg. Der Ex-Profi-Schwimmer spricht mit Abendblatt-Chefredakteur Lars Haider über ungewöhnliche Eissorten und die „Höhle der Löwen“.

in eigener Eisladen, am besten gleich eine Kette - das klingt nach viel Spaß, entspannten Gästen, großen Margen, besser geht’s nicht. Aber ist das wirklich so? Darüber spricht Abendblatt-Chefredakteur Lars Haider mit einem Mann, der in seinem ersten Leben Weltmeister und Weltrekordler im Schwimmen war, um kurz nach seinem größten Triumph den Profisport zu beenden und einen Eisladen auf St. Pauli zu eröffnen. Inzwischen gehören Markus Deibler sechs Geschäfte. Eis der Marke Luicellas wird in Supermärkten in ganz Deutschland verkauft, und mit Frank Thelen ist ein Investor aus der Vox-Sendung „Die Höhle der Löwen“ eingestiegen. Ein Gespräch über Eissorten mit langen Namen, glückliche Mitarbeiter und den Preis einer Kugel, zu dem jeder Kunde eine Geschichte weiß.

Das sagt Markus Deibler über …

… die Legende von Eisdielen als Gelddruckmaschinen:

„Wer relativ schnell relativ viel Geld verdienen will, sollte auf keinen Fall eine Eisdiele aufmachen. Eis hat nicht so eine Riesenmarge, wie viele denken. Natürlich kann man Eis herstellen, bei dem die Kugel in der Herstellung nur sechs Cent kostet, aber das ist dann kein gutes Eis. Wenn man gutes Eis machen will, das ohne Zusätze, Aroma und Farbstoffe auskommt, kostet das deutlich mehr. Und die Ware ist ja nicht das Einzige, was man bezahlen muss. Man muss schon viel Eis verkaufen, um Miete, Personal, Strom, die Maschinen usw., bezahlen zu können. Wenn man als Kunde an einem sonnigen Wochenende lange Schlangen vor einem Eisladen sieht, muss man denken, dass die Inhaber im Geld schwimmen. Aber leider ist nicht immer Wochenende, und die Sonne scheint gerade in Hamburg auch nicht jeden Tag… Und von den Monaten zwischen Oktober und März habe ich da noch gar nicht gesprochen.“

… das abrupte Ende seiner Schwimmkarriere:

„Ich habe auf dem Höhepunkt meiner Karriere aufgehört. Ich bin mit 24 Weltmeister geworden und habe eine Woche später gesagt, dass ich mit dem Schwimmen Schluss mache. Finanziell gesehen war das natürlich total dämlich, weil ich mit dem Titel endlich hätte Geld verdienen können. Aber darum ging es mir nicht. Ich wollte etwas komplett Neues anfangen, mir war immer klar, dass ich mich früh um eine Karriere nach der Schwimmkarriere kümmern muss. Und ich war sehr froh, dass ich nach dem Ende des Sports sofort ein Projekt hatte, in das ich mich voll stürzen konnte.“

… ein Leben ohne (Leistungs-)Sport:

„Ich habe im Dezember 2014 mit dem Schwimmen aufgehört, und mich dann erst mal ein Dreivierteljahr nicht bewegt und viele Dinge gegessen, die ich als Leistungssportler nie hatte essen dürfen. Das hat mich auf Dauer aber nicht glücklich gemacht, seitdem treibe ich wieder Sport. Allerdings nicht, weil ich den Sport brauche, sondern um gesund und schlank zu bleiben. Ich nehme mir dafür drei Stunden die Woche. Und ich habe in diesem Jahr zum ersten Mal mit dem Laufen angefangen, eine Sportart, die Schwimmer eigentlich gar nicht mögen. Allmählich habe ich Spaß daran.“

…die Probierkugel, die es bei Luicellas immer noch kostenlos dazugibt:

„Ich verstehe gar nicht, warum das nicht längst alle nachgemacht haben. Die Probierkugel kommt unglaublich gut bei den Kunden an. Natürlich kostet es Zeit und auch etwas Ware. Aber dafür können wir mit der Probierkugel unsere zum Teil ja sehr besonderen Sorten bekannt machen, an die sich viele Kunden sonst nicht ran trauen würden.“

…ungewöhnliche Eissorten:

„In unserem ersten Geschäft auf St. Pauli haben wir wirklich nur abgefahrene Sachen gemacht. Dort verkauft sich die Sorte mit dem längsten Namen, also zum Beispiel Gebrannte Mandel Ahornsirup oder Ziegenkäse karamellisierter Pumpernickel, bis heute am besten, ein reines Erdbeersorbet geht dagegen überhaupt nicht. Wir haben inzwischen bestimmt 750 Sorten hergestellt, und probieren permanent neue Kombinationen aus. Und wenn wir ein reines Vanille-Eis im Sortiment haben, dann kriegt das seinen Geschmack aus echten Vanilleschoten und nicht aus irgendwelchen Vanillearomen. Übrigens: eine der leckersten neuen Sorten, an der wir gerade herumprobieren, ist Vanille-Whiskey.“

…der Preis einer Kugel Eis:

„Das Interessante beim Preis einer Eiskugel ist, dass jeder weiß, was sie in seiner Kindheit mal gekostet hat, und wenn es 30 Pfennig waren. Wir sind mit 1,20 Euro die Kugel gestartet, haben aber schnell gemerkt, dass wir damit nicht hinkommen. Inzwischen nehmen wir 1,60 Euro. Dafür machen wir aber auch Kugeln, die teilweise doppelt so groß sind wie anderswo. Früher als Kunde hätte ich übrigens auch gedacht, dass es doch keinen Unterschied macht, ob die Kugel etwas kleiner oder etwas größer ist. Aber wenn du, wie wir, in einem Laden bis zu 25.000 Kugeln im Monat verkaufst, ist das sehr wichtig: Fünf Prozent Wareneinsatz mehr oder weniger können darüber entscheiden, ob du mit dem Geschäft Geld verdienst oder nicht.“

…die Vox-Sendung „Höhle der Löwen“ und den Deal mit Investor Frank Thelen:

„Wir hatten drei der sogenannten Löwen, die uns damals ein Angebot gemacht haben, ich bin happy, dass wir 20 Prozent der Firma für 120.000 Euro an Frank Thelen verkauft haben. Er ist immer noch dabei, wir haben immer noch regen Austausch. Und wir haben es mit seiner Hilfe geschafft, mit unserem Eis in 1200 Supermärkte in Deutschland zu kommen. Im vergangenen Jahr haben wir damit schon die Hälfte unserer Umsätze erzielt.“

…seinen Stundenlohn am Anfang der Karriere und heute:

„Ich habe mir am Anfang gar keinen Lohn ausgezahlt. Inzwischen ist es so, dass es in Ordnung ist, wobei meine Frau das Gegenteil sagt: Sie meint, dass mein Stundenlohn schlecht sei, weil ich eben so viele Stunden für mein Geld arbeite. Ich kann davon leben, werde damit nicht reich werden, aber darum geht es mir auch nicht. Ich will Spaß haben mit dem, was ich mache. Und das tut es, für mich sind die Eisläden ein Traum, der in Erfüllung gegangen ist.“

… die Suche nach Personal, die Eisläden sehr leicht fällt:

„Wer bei uns arbeitet, darf kostenlos Eis essen, so viel er möchte, vor, während und nach der Schicht. Wir haben vielleicht auch deshalb nie Probleme gehabt, Personal zu finden, eher im Gegenteil.“