Hamburg. Im Podcast sind Christian Völkers und Sven Odia zu Gast, sie leiten gemeinsam das edle Maklerbüro – noch.

Die Weihnachtsfeier 2009 werden Christian Völkers und Sven Odia nie vergessen. „Christian hielt eine Ansprache, nach der ich gedacht habe, dass wir den Laden morgen schließen müssen“, sagt Odia. „Es schien, als ob der Immobilienmarkt auf einmal stillstehen würde“, sagt Völkers.

Zehn Jahre später sitzen die Chefs von Engel & Völkers im Abendblatt-Podcast „Entscheider treffen Haider“, und wirken selbst ein wenig erstaunt, dass nach der unvergessenen Weihnachtsfeier – und der weltweiten Finanzkrise – alles ganz anders gekommen ist. Ihr Unternehmen ist so erfolgreich und groß wie nie. Engel & Völkers hat allein im vergangenen Jahr Häuser und Wohnungen für rund 20 Milliarden Euro vermittelt, hat 11.000 Mitarbeiter in 30 Länder. Der Umsatz mit Maklercourtagen hat sich seit 2009 gut versiebenfacht: 130 Millionen Euro waren es damals, in diesem Jahr werden es erstmals 800 Millionen Euro sein.

Keine hohen Wertsteigerungen? Ein wunderbarer Irrtum

„Dass nach 2009 so eine Entwicklung losgeht, konnte niemand voraussehen“, sagt Christian Völkers. Selbst er nicht. Zitat aus einem Interview mit dem „Focus“ im Jahr 2010: „Deutschland ist ein gesunder Markt. Man kann als Immobilienverkäufer keine hohen Wertsteigerungen erwarten, dafür aber auch keine hohen Verluste.“

Ein aus der Sicht eines Maklers wunderbarer Irrtum, der sich leicht erklären lässt: „Es ist das erste Mal, dass wir in der Bundesrepublik einen so langen Zyklus mit solchen Preissteigerungen erleben“, sagt Odia.

Sven Odia ist bei Engel & Völkers, seit er 18 ist

Der Mann muss es wissen: Seit er 18 ist, arbeitet er in der Branche, immer für Engel & Völkers. Christian Völkers, Gründer, Namensgeber und unverkennbares Gesicht der Firma, wurde schnell auf ihn aufmerksam: „Sven hat nach einem Jahr bei uns gefragt, wie es denn nun weitergeht mit seiner Karriere“, sagt er.

Engel-&-Völkers-Gründer Christian Völkers (l.) und sein Nachfolger Sven Odia.
Engel-&-Völkers-Gründer Christian Völkers (l.) und sein Nachfolger Sven Odia. © Engel & Völkers

Odia war ungeduldig, bewarb sich um die Lizenz für das erste Auslandsbüro von Engel & Völkers auf Mallorca – und erhielt den Zuschlag, obwohl er der mit Abstand jüngste Bewerber war. „Er hatte unfassbaren Erfolg“, sagte Völkers, der ihn wenig später wieder zurück nach Hamburg holte. Vielleicht damals schon in dem Bewusstsein, seinen Nachfolger gefunden zu haben.

Völkers will noch im Laufe diesen Jahres als CEO abtreten

Völkers sieht deutlich jünger aus, ist aber 63 Jahre alt, und hat sich, anders als viele andere Unternehmen, schon sehr früh mit der Frage beschäftigt, wer ihn eines Tages ablösen könnte: „Wir haben uns für den Weg des Co-CEOs entschieden, der in der deutschen Wirtschaft zu meinem Unverständnis selten gegangen wird.“

Co-CEO, das heißt: Völkers und Odia (42) teilen sich schon länger den Vorstandsvorsitz, im Laufe diesen Jahres wird sich der Gründer von dem Posten zurückziehen: „Sven wird alleiniger CEO werden, wir fühlen uns beide sehr wohl mit der Entscheidung“, sagt Völkers.

Völkers über Odia: "Für mich ist das eine Bilderbuch-Nachfolge"

„Für mich ist das eine Bilderbuch-Nachfolge. Man muss die Bereitschaft haben loszulassen und Verantwortung nicht nur zu teilen, sondern auch abzugeben.“ Der Gründer wird Mitglied des Vorstandes bleiben, will sich auf die Entwicklung neuer Ideen und Unternehmensbereiche konzentrieren.

Der Abschied Völkers von der Spitze des Unternehmens, das seinen Namen und den seines Freundes Dirk Engel trägt, ist einerseits eine Zäsur. Andererseits bleibt die legendäre Fibel, in der er vor 40 Jahren aufgeschrieben hat, wie die perfekte Immobilienvermittlung aussieht – unter anderem ist darin geregelt, dass jede Hausbesichtigung im schönsten Raum (und nicht im Heizungskeller) endet. „Die Fibel ist nach wie vor das Rückgrat unseres Erfolges. So etwas gibt es auf der Welt selten“, sagt Völkers.

Die größte Tragödie in der Firmengeschichte: der Tod von Dirk Engel

Er hat das Standardwerk nach der größten Tragödie in der Geschichte seiner Firma geschrieben: dem Tod von Partner Dirk Engel. Der litt, wie sein Großvater und sein Vater, schwer unter Depressionen, „und trotzdem ist sein Freitod für mich völlig unerwartet gekommen“, sagt Christian Völkers.

„Er war ein sehr, sehr enger Freund, ohne den es das Unternehmen nicht geben würde.“ Allerdings wäre die weltweite Expansion, die Engel & Völkers hinter (und vor sich) hat, „nicht seine Sache gewesen: Er wäre diese sicher in der Form nicht mitgegangen.“

"Wenn Sie das Haus zu teuer anbieten, schrecken Sie Kunden ab"

Bleibt die Frage, wie die Immobilienentwicklung in Hamburg, Deutschland und dem Rest der Welt weitergeht. „Wenn man möchte, dass die Mieten nicht weiter steigen, dann muss man einfach mehr bauen“, sagt Sven Odia. „Das ist ein rein quantitatives Problem, auch in Hamburg.“

Für diejenigen, die angesichts der großen Preissteigerungen der vergangenen Jahre ihr Haus verkaufen wollen, haben die beiden Chefs auch einen wichtigen Rat: „Wenn Sie das Haus zu teuer anbieten, schrecken Sie Kunden ab, und dann kann die Talfahrt eines Objektes schnell beginnen“, sagt Odia.

Völkers ergänzt: „Eine Immobilie sollte in spätestens einem halben Jahr verkauft werden.“ Damit es anderen Kunden nicht so geht wie Schauspieler Michael Douglas. Der wollte sein Anwesen auf Mallorca für 40 Millionen Euro loswerden, heute bietet es Engel & Völkers für 28,9 Millionen Euro an: „So eine Preisreduzierung ist am Markt schwierig zu kommunizieren…“, sagt Völkers.

Der Fragebogen von Christian Völkers und Sven Odia

Was wollten Sie als Kind werden?

Christian Völkers: Wie fast jedes kleine Kind habe ich davon geträumt Baggerfahrer zu werden. Später hat mich der Schiffbau sehr fasziniert.

Sven Odia: Früher habe ich begeistert die Tennismatches von Steffi Graf und Boris Becker verfolgt und wollte Tennisprofi werden. Leider habe ich schnell gemerkt, dass es dafür nicht ausreicht.

Was war der beste Rat Ihrer Eltern?

Völkers: Nimm dir etwas vor und erreiche es.

Odia: Meine Eltern haben mich stets ermutigt, neue Dinge auszuprobieren. Die wichtigsten Ratschläge haben sie mir mitgegeben, als ich mich mit Anfang 20 mit Engel & Völkers selbstständig gemacht habe.

Wer war beziehungsweise ist Ihr Vorbild?

Völkers: Ich bewundere den deutschen Architekten Cäsar F. Pinnau, der für seine Leidenschaft gelebt und das Hamburger Stadtbild sehr geprägt hat.

Odia: Keine Einzelperson. Ich bewundere aber Menschen, die trotz großer Herausforderungen Dinge erfolgreich umsetzen. Hierzu gehört auch Christian Völkers, der aus Engel & Völkers ein globales Unternehmen geschaffen hat.

Was haben Ihre Lehrer/Professoren über Sie gesagt?

Völkers: „Der Junge war immer zu unruhig.”

Odia: „Sie müssen etwas mit Menschen machen.”

Wer waren Ihre wichtigsten Förderer?

Völkers: Meine Eltern haben mich immer sehr unterstützt.

Odia: Beruflich gesehen: Christian Völkers. Er hat mir direkt nach der Ausbildung die Chance gegeben, das internationale Geschäft im Ausland weiter aufzubauen.

Auf wen hören Sie?

Völkers: Letztendlich vertraue ich auf mein Bauchgefühl.

Odia: Beim Polospielen höre ich auf meinen Sohn. Kein anderer zeigt mir so klar meine persönlichen Grenzen auf. Leider habe ich zu spät mit diesem Sport begonnen, mein Sohn hingegen sehr früh.

Was sind Eigenschaften, die Sie an Ihren Chefs bewundert haben?

Völkers: Ich war fast zeitlebens mein eigener Chef, daher kann ich diese Frage nicht wirklich beantworten.

Odia: Optimismus, Durchhaltevermögen und Energie.

Was sollte man als Chef auf keinen Fall tun?

Völkers: Hochmütig werden.

Odia: Überheblichkeit und Despektierlichkeit sind No-Gos!

Was sind die Prinzipien Ihres Führungsstils?

Völkers: Ich bin davon überzeugt, dass man Menschen am besten mit Emotionen und Erlebnissen begeistern kann. Zusätzlich ist für mich offene Kommunikation sehr wichtig.

Odia: Ich bin ein absoluter Teamplayer, kommuniziere gerne und nehme alle auf die Reise mit.

Wie wichtig war/ist Ihnen Geld?

Völkers: Geld war und ist für mich immer nur Mittel zum Zweck, es ist wichtig, um Visionen zu erfüllen und Ziele zu erreichen.

Odia: Ich lege Wert auf ein schönes Zuhause. Daher habe ich gerne in meine Immobilie investiert.

Was erwarten Sie von Ihren Mitarbeitern?

Völkers: Absolute Leidenschaft für das, was sie tun.

Odia: Ich komme sehr gut mit Mitarbeitern zurecht, die auf der einen Seite Projekte und Sachverhalte analysieren, aber dann auch fokussiert in die Umsetzung gehen. Für mich ist die Execution-Power ein sehr hohes Gut.

Worauf achten Sie bei Bewerbungen?

Völkers: Auf die Kombination von Ausbildung, Erfahrung und Persönlichkeit.

Odia: Persönlichkeit. Wenn beide Seiten zu 100 Prozent überzeugt sind, geht es meist gut.

Was sind Ihre größten Stärken?

Völkers: Niemals aufzugeben.

Odia: Ich habe einen starken Willen, eine schnelle Auffassungsgabe und bin immer fokussiert.

Was sind Ihre größten Schwächen?

Völkers: Niemals aufzugeben.

Odia: Ich bin zu ungeduldig in Bezug auf meine Person.

Welchen anderen Entscheider würden Sie gern näher kennenlernen?

Völkers: Seit meiner Jugend ist es mein Wunsch, den Dalai Lama zu treffen.

Odia: Ich würde gerne mit John F. Kennedy vor Cape Cod segeln, wenn ich eine Persönlichkeit aus der Vergangenheit treffen könnte.

Was würden Sie diesen Entscheider fragen?

Völkers: Ich würde ihn fragen, wie man es schafft mit Ruhe und Gelassenheit durchs Leben zu gehen.

Odia: Ich würde ihn gar nichts fragen wollen. Ich würde einfach gerne Zeit mit ihm verbringen, um diese besondere Aura, die ihn umgeben hat, zu erleben.

Welche Entscheidung hat Ihnen auf Ihrem Karriereweg geholfen?

Völkers: Engel & Völkers zu einem Franchise-Unternehmen zu machen.

Odia: Ich habe von Anfang an Führungsverantwortung übernommen, selbst Immobilien vermittelt, Franchisenehmer akquiriert und weltweit Büros geleitet.

Wie viele Stunden arbeiten Sie pro Woche?

Völkers: Wenn ich in Hamburg bin, mehr als ich sollte.

Odia: Mein Berufsleben ist gleichzeitig mein Privatleben. Daher lässt sich meine Arbeitszeit nicht in Stunden beziffern.

Wie gehen Sie mit Stress um?

Völkers: Zur Ruhe komme ich auf unserer Finca auf Mallorca, wo ich viel Zeit mit der Familie und Freunden verbringe. Dort kann ich auch meiner Polo-Leidenschaft nachgehen.

Odia: Bei langen Spaziergängen an der Elbe mit unserem Hund komme ich zur Ruhe.

Wieviel Zeit verbringen Sie an Ihrem Schreibtisch?

Völkers: Die Hälfte meiner Arbeitszeit verbringe ich am Schreibtisch, ansonsten bin ich in vielen Meetings und verbringe viel Zeit im Flieger.

Odia: Ich verbringe mehr Zeit am Besprechungstisch als an meinem Schreibtisch.

Wenn Sie anderen Menschen nur einen Rat für ihren beruflichen Werdegang geben dürften, welcher wäre das?

Völkers: Ziele setzen und niemals aufgeben, sie erreichen zu wollen.

Odia: Das Geheimnis zum Aufstieg: für etwas brennen und Leidenschaft entwickeln.

Was unterscheidet den Menschen von dem Manager Christian Völkers beziehungsweise Sven Odia?

Völkers: Im Privatleben bringe ich mehr Geduld mit als im Berufsleben.

Odia: Nicht viel. Im Privatleben muss meine Familie mich manchmal daran erinnern, dass ich nicht in der Firma bin.