Berlin. Wende im Fall der vermissten 15-Jährigen Rebecca aus Berlin: Der Haftbefehl gegen ihren Schwager wurde überraschend wieder aufgehoben.

Überraschende Entwicklung im Fall der vermissten 15-jährigen Rebecca aus Berlin: Der bislang verdächtigte Schwager ist am Freitag aus der Untersuchungshaft entlassen worden. Grund seien Zweifel eines Ermittlungsrichters am dringenden Tatverdacht des Totschlags, so die Staatsanwaltschaft in Berlin. Der 27-Jährige steht aber weiterhin unter Verdacht. „Er ist weiterhin Beschuldigter des Verfahrens“, sagte eine Sprecherin.

An der Beweislage habe sich nichts geändert, insofern sei die Entscheidung des Richters „vertretbar“, hieß es von der Staatsanwaltschaft. Die Fakten deuteten aber weiter darauf hin, dass Rebecca das Haus des Schwagers nicht lebend verlassen habe. „Entscheidender Punkt ist: Wir haben Rebecca bislang nicht gefunden.“ Die Staatsanwaltschaft habe nichts in der Hand, um den Tatverdacht zu erhärten.

Gesucht wurde am Freitag abermals nach der Schülerin – bis zum Nachmittag. Ob der Einsatz mit Spürhunden im Bereich des Scharmützelsees in Brandenburg neue Ansatzpunkte brachte, konnte eine Polizeisprecherin zunächst nicht sagen. Für das Wochenende seien voerst keine Aktionen geplant, das könne sich aber ändern.

Fall Rebecca: Beweislage unverändert

Der Haftbefehl gegen den Schwager wurde jetzt aufgehoben, weil seine Rechtsanwältin eine Haftbeschwerde einlegte. Die Staatsanwaltschaft erklärte, es gehe dabei auch immer um die Verhältnismäßigkeit zwischen der Schwere der Tat, der Dauer der Untersuchungshaft und der Beweislage. In diesem Fall habe sich die Beweislage in den vergangenen Wochen eben nicht geändert.

Vor der Suche am Freitag waren auch Donnerstag und Mittwoch beamte im Einsatz – erneut auf dem Wolziger See. Erstmals waren dabei auch Taucher zum Einsatz gekommen.

Polizei erhält 1700 Hinweise im Fall Rebecca

Polizeibeamte und Polizeitaucher suchen am Ufer und in zwei Booten am Storkower Kanal nach der vermissten Rebecca.
Polizeibeamte und Polizeitaucher suchen am Ufer und in zwei Booten am Storkower Kanal nach der vermissten Rebecca. © dpa | Patrick Pleul

Bereits am Montag und Dienstag war die Polizei auf dem See unterwegs, allerdings nur auf der Oberfläche. Mit Booten und ausgebildeten Leichenspürhunden fuhren sie den See ab. Die Leichenspürhunde können auch Gase wittern, die bei der Verwesung von Körpern unter Wasser entstehen. Die Polizeisprecherin wollte sich allerdings nicht zu der Frage äußern, ob der Einsatz der Taucher auf eine gewitterte Spur der Hunde zurückging.

Insgesamt sind bei der Polizei rund 1700 Hinweise zu der vermissten Schülerin eingegangen.

In Waldstücken nahe dem Wolziger See 50 Kilometer südöstlich von Berlin hatte die Polizei bereits nach Rebecca gesucht. Dort war das Auto des Schwagers von Rebecca am Morgen vor deren Verschwinden am 18. Februar sowie am Abend des 19. Februar erfasst worden.

Rebecca vermisst – das Wichtigste in Kürze:

• Seit dem 18. Februar wird die 15-jährige Rebecca aus Berlin vermisst

• Tatverdächtig war zunächst ihr Schwager: Er wurde wieder aus der U-Haft entlassen

• Die ZDF-Sendung „Aktenzeichen XY“ führte zu neuen Hinweisen

• Die Polizei sucht mit Mantrailern und Leichenspürhunden nach Rebecca

Fall Rebecca: Auf Autobahn Richtung Polen gesucht

Am Samstag, dem 16. März, hatte die Polizei mit großem Aufwand entlang der Autobahn 12 in Richtung Polen gesucht. Zwischenzeitlich wurden mehrere Auf- und Abfahrten für die Suche gesperrt, um Suchhunde einsetzen zu können.

Am Samstagnachmittag wurde die Suche beendet – erneut ohne einen Fund. Am Sonntag gab es keinen Einsatz. Die Hunde bräuchten Erholung, hieß es. Hinter der Aktion stand weiter die Frage, wohin der verdächtige Schwager von Rebecca am Tag ihres Verschwindens gefahren ist. Der Wagen war am 18. Februar um 10.47 Uhr und am 19. Februar um 22.39 Uhr von einer Verkehrsüberwachungsanlage aufgenommen worden. Die Kameras hängen an einer Brücke über der Autobahn. Wie diese Verkehrsüberwachungsanlagen funktionieren, lesen Sie hier.

Wo ist Rebecca? Ein Porträt der vermissten 15-Jährigen aus dem Neuköllner Ortsteil Britz.
Wo ist Rebecca? Ein Porträt der vermissten 15-Jährigen aus dem Neuköllner Ortsteil Britz. © dpa | ---

Am Samstag war die Berliner Polizei mit etwa zehn Kräften einer Einsatzhundertschaft, Ermittlern der Mordkommission, Kollegen der Brandenburger Polizei und drei Hunden im Einsatz. „Die Hunde sind sehr gut und merken trotz Witterungseinflüssen auch noch nach Wochen, ob jemand an einer Stelle vorbeigegangen oder -gefahren ist“, sagte eine Polizeisprecherin.

Die sogenannten Mantrailer werden normalerweise etwa mit einem Kleidungsstück des oder der Gesuchten mit dem individuellen Geruch vertraut gemacht. Bei Einsätzen nehmen sie den Geruch dann auch aus der Luft auf, nicht nur über Fährten am Boden. Ob die Polizei nun mit dem Geruch Rebeccas oder des Schwagers sucht, sagt die Behörde nicht.

Polizei geht im Fall Rebecca fest von Tötungsdelikt aus

Der Fall wurde bereits in der Fernsehsendung „Aktenzeichen XY“ thematisiert. Kriminalhauptkommissar Michael Hoffmann war Studiogast und erklärte, man gehe fest von einem Tötungsdelikt aus.

Rebecca habe das Haus nicht verlassen am Morgen ihres Verschwindens – und sie sei mit dem inhaftierten Schwager allein zu Hause gewesen. Dies ergebe sich vor allem aus dem Telefonverhalten Rebeccas und den Router-Daten im Haus des Schwagers.

Neue Hinweise durch „Aktenzeichen XY“

Nach der Sendung gingen Hunderte neue Hinweise bei der Polizei ein. Darunter war auch mindestens einer auf das Waldstück in der Umgebung des brandenburgischen Storkow.

Nach Angaben der Polizei ist der Schwager der einzige Mensch, der zu den genannten Zeitpunkten mit dem Auto gefahren sein kann. Die Fahrten sollen überhaupt nicht zu seiner Schilderung der Ereignisse passen. Der Verdächtige schweigt seit seiner Festnahme beharrlich.

Bericht: Rebeccas Haare im Kofferraum gefunden

Nach Informationen der „Bild“, die sich auf Ermittlerkreise beruft, sollen im Kofferraum des Autos der Familie Haare von Rebecca und Faserspuren der Decke gefunden worden sein, die mit dem Mädchen verschwand.

Außerdem soll es Chat-Nachrichten von dem 27 Jahre alten Mann geben, die nicht mit den von ihm gemachten Angaben übereinstimmen. Sie sollen geschrieben und empfangen worden sein, als er nach seinen Angaben angeblich schon schlief.

Kleidungsstück in der Nähe des Hauses gefunden

Möglicherweise spielt bei den Ermittlungen auch ein Kleidungsstück eine Rolle, das Beamte etwa anderthalb Kilometer vom Haus des Schwagers entfernt gefunden hatten. Das Haus war auch kriminaltechnisch durchsucht worden.

Rebeccas Familie hält zu Verdächtigem

Rebeccas Familie hält den Mann laut Medienberichten für unschuldig. Der Vater von Rebecca hatte noch vor wenigen Tagen erklärt, er glaube nicht, dass der Schwager als Verdächtiger in Frage komme. Rebecca war vor ihrem Verschwinden zuletzt bei ihm gewesen.

Rebeccas Mutter äußerte sich gegenüber einem Fernsehteam von „Brisant“: „Ich denke jeden Tag, ich müsste aus diesem Alptraum aufwachen. Das ist für uns sehr hart“.

Rebecca übernachtete vor Verschwinden bei Schwester und Schwager

Rebecca hatte die Nacht vor ihrem Verschwinden bei einer älteren Schwester und ihrem Schwager verbracht. An dem Montagmorgen hätte Rebecca um 9.50 Uhr in der Schule zum Unterricht erscheinen sollen, war dort jedoch nie angekommen.

Die Ermittler wissen, dass sich das Handy von Rebecca am Tag des Verschwindens in den WLAN-Router des Hauses des Schwester eingewählt hatte, berichtet die „Berliner Morgenpost“. Das geschah zu einem Zeitpunkt, an dem Rebecca angeblich schon das Haus verlassen haben soll.

Die Schwester von Rebecca hatte an jenem Tag das Haus als erste verlassen. Rebecca schlief im Wohnzimmer. Ihr Schwager war erst am frühen Morgen von einer Feier zurückgekehrt.

Hilfeaufrufe auf diversen Kanälen

Die Polizei hatte tagelang mit Spürhunden und Hubschraubern nach Rebecca gesucht. Die ältere Schwester von Rebecca hatte zudem immer wieder im Internet auf verschiedenen Kanälen um Hilfe und Unterstützung gebeten. Sie und Helfer verteilten selbst kopierte Flugblätter mit dem Foto von Rebecca. (les/tki/sdo/ses/ac/ba/dpa)

Der Fall Rebecca: Was bekannt ist - und was nicht