Box-Deutschland muss die Hoffnung auf einen zweiten Schwergewichts-Weltmeister nach Max Schmeling auf lange Zeit begraben.

Hamburg. Der momentan einzige Kandidat, Luan Krasniqi (Rottweil), wurde am Samstagabend vor 7500 Zuschauern in Hamburg im Ausscheidungskampf um den WBO-Titel von Tony Thompson (USA) vorgeführt und steht nach dem technischen K.o. in der fünften Runde vor dem Karriere-Ende. "Ich weiß noch nicht, ob und wie es weitergeht. Das muss ich in Ruhe mit meinem Umfeld besprechen", sagte der 36-Jährige nach der dritten Niederlage in seinem 34. Profikampf deprimiert. "Der Abbruch ging in Ordnung. Ich hätte sonst nur noch mehr Prügel bezogen."

Krasniqi lieferte gegen den zehn Kilo schwereren Amerikaner eine indiskutable Vorstellung ab und lag schon früh aussichtslos im Hintertreffen. "Ich habe nie in den Kampf gefunden. Als dann in der dritten Runde nach einem Schlag von Thompson noch eine Rippenverletzung hinzukam, wusste ich: Das wird sehr, sehr schwer", schilderte der ehemalige Europameister seine schmerzhaften Erlebnisse.

Der gebürtige Kosovo-Albaner wirkte so hilflos, dass Ringrichter Mark Nelson (USA) ihn ermahnen musste, mehr Gegenwehr zu zeigen. Ansonsten würde er den Kampf abbrechen. Das tat Nelson nach 2:39 Minuten der fünften Runde dann auch. Sehr zum Missfallen der enttäuschten Kulisse, aber im Einvernehmen mit den Beteiligten. "Tony hat Luan seine Taktik aufgezwungen. Das war entscheidend", bestätigte Trainer Torsten Schmitz.

Auch Universum-Manager Klaus-Peter Kohl ließ keinen Zweifel am verdienten Sieg des Amerikaners, der nun offizieller Herausforderer von WBO-Weltmeister Sultan Ibragimow (Russland) ist. "Luan hat einen rabenschwarzen Tag erwischt. Es bleibt dabei: An einem guten Tag kann er jeden schlagen, an einem schlechten gegen jeden verlieren", resümierte er.

Ob es für Krasniqi weitere gute Tage im Boxsport geben könnte, wollte Kohl allerdings auch nicht beantworten. "Das wäre nicht fair, so kurz nach dem Kampf darüber zu befinden. Da müssen wir uns erst zusammensetzen", befand er. Die Realität in dem Geschäft ist jedoch knallhart. "In meinem hohen Alter wird es sehr schwer, noch einmal eine Chance als Pflichtherausforderer eines Weltmeisters zu bekommen", sagte Krasniqi. Sein grandioser WM-Kampf gegen Lamon Brewster (USA) um die WBO-Krone am 28. September 2005 in Hamburg, den er durch technischen K.o. in der neunten Runde verlor, wird sein einziger bleiben.

Und damit auch der vorerst letzte mit deutscher Beteiligung. Legitime Nachfolger sind nicht in Sicht. Das wurmt auch Kohl, aber er kann sich wenigstens damit trösten, in Ruslan Tschagajew (Usbekistan) einen der Weltmeister der vier großen Verbände in seinen Reihen zu haben.

Ein weiterer könnte schon bald hinzukommen. Alexander Dimitrenko (Ukraine) meldete dafür mit einem technischen K.o.-Sieg in der fünften Runde über den Amerikaner Malcom Tann nachhaltig seine Ambitionen an. "Die Lehrzeit ist vorbei. Ich will endlich was schaffen", kündigte der 25-Jährige nach dem 26. Sieg seiner makellosen Karriere selbstbewusst an. Kohl hat die klare Ansage sehr wohl vernommen, bewahrt aber die Ruhe: "Sascha hat das Zeug zum Weltmeister. Wir werden aber nichts überstürzen. Schmerzhafte Rückschläge, wie sie einst Wladimir Klitschko hinnehmen musste, wollen wir ihm ersparen."