Kaum hat man sich beim Autofahren den Zorn eines Dränglers zugezogen, folgt eines der merkwürdigsten Rituale auf Hamburgs Straßen: Der frustrierte Fahrer, der doch so gerne mit Tempo 80 über die Kreuzung heizen wollte, stellt sich an der nun roten Ampel neben denjenigen, der ihm den schönen Auftritt vermasselt hat.

Und dann wird gestarrt. Unablässig und unerbittlich.

Sogar aus dem Augenwinkel bemerkt man die bohrenden Blicke – oft noch unterstützt von missbilligendem Kopfschütteln und stummen Lippenbewegungen. Dieses oft minutenlange Angeglotze hat etwas von Wildwest – so nach dem Motto: Deine Visage merke ich mir, oder: Diese Straße ist zu klein für uns beide.

Ganz schlimm wird es, wenn man dann auch noch freundlich-gelassen zurückguckt – eine schlimmere Provokation ist offenbar kaum vorstellbar. Leider kann ich schlecht von den Lippen ablesen, sonst wüsste ich, was der Fahrer mir da mitzuteilen hat. Freundlichkeiten werden’s ja wohl nicht sein. Meine Botschaft an ihn lautet jedenfalls: Reg dich mal ab, Junge. Es ist Sommer, und du bist offenkundig gesund. Genieß’ den Tag. Schließlich geht’s hier nur ums Autofahren und nicht um ein Duell mit Gary Cooper.