Ehrenamtliche wie Ute Hagen-Haertel versuchen zusammen mit Kindern, Konflikte friedlich beizulegen. „Wir sind die Erste-Hilfe-Station, wenn es Streit gibt“, sagt die engagierte 70-Jährige.

Hannover. Sie treffen sich im „Raum der guten Lösung“. Wenn sich Grundschüler die Köpfe heiß geredet haben, wenn sie sich anschreien oder die Fäuste fliegen, kommen die Streitschlichter des Vereins „Seniorpartner in School“ (SiS) ins Spiel. Dahinter verbergen sich Senioren, die in der Schule gemeinsam mit den Kindern nach Möglichkeiten suchen, Konflikte friedlich beizulegen. Eine dieser Senioren ist Ute Hagen-Haertel. Sie leitet die SiS-Regionalgruppe Hannover seit 2012.

Die 70-Jährige hat viel Erfahrungen mit Freud und Leid von Kindern. Als ehemalige Lehrerin und Schulleiterin an einer Grundschule nahe Hannover hat sie ihren beruflichen Alltag bis 2008 mit den Kleinen verbracht. Und wer der zehnfachen Großmutter zuhört, merkt schnell, wie sehr ihr auch heute noch Kinder am Herzen liegen.

„Wir sind die Erste-Hilfe-Station, wenn es Streit gibt“, sagt Hagen-Haertel. Konflikte seien normal. „Aber man kann lernen, wie man diese löst.“ Ein Grundsatz dabei lautet: Die Kinder sollen die Lösung selbst finden. „Wir geben lediglich Anstöße“, sagt Hagen-Haertel. Als Schulleiterin habe sie früher häufig Auseinandersetzungen beigelegt, wenn ihre Schüler aneinander geraten waren. „Doch da habe immer ich die Entscheidung getroffen. Besser aber ist es, wenn die Schüler den Streit selbst beenden.“

Hier gibt es alle Informationen zu der Abstimmung.

Wenn sich die Kinder gestritten haben, kommen sie entweder von selbst zu den Senioren, oder Lehrer schicken sie zu den Streitschlichtern in den „Raum der guten Lösung“. Natürlich sei es besser, wenn die Initiative von den Kindern ausgeht, sagt sie. In dem anschließenden Gespräch gebe es generell „keine Schuldigen, sondern nur Beteiligte“, betont die Streitschlichterin. „Die Kinder erzählen dann erst einmal aus ihrer Sicht vom Konflikt.“ Dann stellen die Senioren Fragen wie: Wie hast du dich in der Situation gefühlt? Wie ging es dir, als das andere Kind geweint hat? „Anschließend werden die Rollen umgedreht“, erzählt Hagen-Haertel. „Derjenige, der aggressiv aufgetreten ist, soll sich in die Rolle des Opfers hineinversetzen. Und anders herum.“ Dieses Verfahren funktioniere sehr häufig, betont die Streitschlichterin aus Hannover.

Hier können Sie den NDR-Beitrag über Ute Hagen-Haertel anhören.

Mit der Zeit bilden sich Vertrauensverhältnisse zwischen Kindern und Senioren, berichtet Hagen-Haertel weiter. An zwei bis vier Tagen pro Woche sitzen die Senioren in der Regel zwischen 9.30 und 13 Uhr in den Schulen und sind bereit, zwischen Streithähnen zu vermitteln. „Wir arbeiten nicht gegen oder als Ersatz für die Lehrer und die Sozialarbeiter an den Schulen. Das ist uns enorm wichtig.“ Die Mediatoren hätten einige unschlagbare Vorteile. „Wir haben alle Zeit der Welt, den Kindern zuzuhören. Sie merken schnell, dass man mit uns gut reden kann.“ Und das auch bei kleineren Streitigkeiten, die für die Kinder häufig die ganze Welt bedeuten.

Die Senioren – nicht nur ehemalige Lehrer, sondern Menschen aus ganz verschiedenen Berufen – werden vor ihrem Engagement intensiv geschult. „Jede von uns wird 80 Stunden von einer Mediationslehrerin ausgebildet“, sagt Hagen-Haertel. In Hannover ist SiS mit 42 Senioren an sechs Grundschulen aktiv. „Sechs weitere Schulen haben sich beworben.“ In Niedersachsen engagieren sich rund 220 Männer und Frauen.