Ein fehlerfreier Brief benötigt auch eine fehlerfreie Typografie und Textverarbeitung. Eine Sekretärin ist von vielerlei Normen umgeben

Orthografie ist etwas für Leute, die sich keine gute Sekretärin leisten können, spottete ein ehemaliger Klassenkamerad, und das klang so, als habe er es in den 53 Jahr Deutschstundeen seit dem Abitur beruflich weitergebracht als ein pingeliger Journalist, der sich in einer Sprachkolumne an jedem Dienstag bemüht, seinen Lesern die Feinheiten des Deutschen zu erklären. Ich kenne seine Rundschreiben, die er im Firmenkasino für leitende Angestellte schnell in sein Gerät diktiert. Ich erwiderte ihm, dass für die den Kunden präsentierten Fehler nicht seine Sekretärin verantwortlich sei, die den Brief geschrieben habe, sondern er, der den Brief unterschrieben hat.

Wir hatten und haben beim Abendblatt schließlich ebenfalls sehr gute Sekretärinnen, die neben der Orthografie sogar die Typografie beherrschen. Im Zeitalter der Computer sagen wir besser „Textverarbeitung“ dazu. Es geht nicht nur darum, richtiges Deutsch zu schreiben, sondern das Richtige auch richtig zu Papier zu bringen.

Dazu passt eine Mail, die ich soeben erhalten habe: „Werden z.B., u.a., m.E., d.h. mit oder ohne Leerzeichen zwischen den beiden mit Punkt abgekürzten Buchstaben geschrieben?“ Um es vorweg zu sagen: mit Zwischenraum, aber besser nicht mit Leerzeichen. Wenn Sie auf Ihrer Computertastatur die Leertaste anschlagen, so wird ein gewöhnliches Leerzeichen erzeugt. Zwischen „z.“ und „B.“ befindet sich weißer Raum in der gleichen Breite wie die übrigen Wortzwischenräume in der Zeile. Die Abkürzung scheint nicht mehr zusammenzugehören – und vor allem: Sie kann getrennt werden! Leerzeichen erlauben eine Trennfuge, sodass Sie „z.“ am Ende einer und „B.“ am Anfang der nächsten Zeile finden könnten.

Es hat sich eingebürgert, die genannten Abkürzungen kompress (ohne Zwischenraum) zu schreiben. Das ist jedoch nicht besonders ästhetisch, erschwert die Lesbarkeit und entspricht nicht der professionellen Norm. Deshalb setzen wir einen Festabstand (wie der Duden ihn nennt) bzw. einen Festausschluss, wie er in der Druckersprache heißt: Festausschluss, weil er beim Ausschließen, dem Verbreitern der Wortzwischenräume, um beim Blocksatz – wie in dieser Spalte – einen glatten rechten Rand zu erhalten, fest in seiner Breite bleibt und nicht getrennt werden kann. Die Setzer „setzten“ in diesem Fall ein Viertelgeviert in den Winkelhaken. Ein Geviert ist ein nicht druckbarer und unveränderlicher Zwischenraum, der so hoch wie breit ist, bei einer Schriftgröße von acht Punkt also acht Punkt hoch und acht Punkt breit. Ein Viertelgeviert misst ein Viertel eines Gevierts und hat demnach die Breite von zwei Punkt (bei einer Schriftgröße von acht Punkt) oder vier Punkt (bei einer Schriftgröße von 16 Punkt).

Das Dumme ist nur, dass die Textverarbeitung auf dem heimischen PC kein Viertelgeviert kennt, es sei denn, Sie basteln sich ein Makro (automatische Abfolge von Computerbefehlen). Sie sind also in MS Word auf ein geschütztes Leerzeichen mit dem Drei-Finger-Griff [Strg]+[Shift]+[Leer] angewiesen, das zwar zu breit, aber wenigstens konstant und untrennbar ist.

Festabstände stehen auch bei der Gliederung von Nummern, bei Paragrafenzeichen, Rechenzeichen, Zahlen und Einheiten. Zahlen bis 9999 sollten Sie kompress schreiben und ab 10000 mit Viertelgevierten gliedern. Der Tausenderpunkt (100.000) ist eine Hilfe im Finanzverkehr, damit man Ihnen nicht versehentlich das Zehnfache vom Konto abbucht. Wenn Sie ihn auch in der Zeitung finden, lässt sich das leider nicht vermeiden, weil der Text korrekt nach Online übernommen werden soll. Im Fließtext Ihrer Privatkorrespondenz hat er nichts verloren, es sei denn, Sie bezeichnen Geldsummen.

Ein Viertelgeviert steht zum Beispiel vor dem Gradzeichen, beachte: vor dem Zeichen. Es heißt demnach 3 °C und nicht „3°C“. Eine gute Sekretärin ist von Hunderten dieser typografischen Regeln umgeben, aber keine Sekretärin muss so gut sein, dass sie jede Vorschrift mitmacht: Nach DIN 5008 sind zum Beispiel die Uhrzeiten mit Doppelpunkt gegliedert und stets zweistellig zu schreiben – also 7.25 Uhr. Diese Form beleidigt meine Augen und Gewohnheiten.

Ich schlage vor, im Fließtext beim Punkt zu bleiben und die führende Null wegzulassen: 7.25 Uhr.