Union und SPD wollen das zwölf Jahre alte Prostitutionsgesetz reformieren. Wer zu „erkennbar Zwangsprostituierten“ geht, bei dem könnte dann die Polizei zu Hause vor der Tür stehen.

Berlin. Freiern in Deutschland droht künftig eine Strafe, wenn sie bewusst die Dienste von Zwangsprostituierten in Anspruch nehmen. Dieses Vorhaben gehört zu einer umfassenden Reform des zwölf Jahre alten Prostitutionsgesetzes, die die große Koalition bereits Anfang kommenden Jahres auf den Weg bringen will. Das bestätigte am Montag der CSU-Innenpolitiker Hans-Peter Uhl. Eine generelle Bestrafung von Freiern werde abgelehnt, betonte Uhl. Ermöglicht werden solle aber eine Strafe in Fällen von „erkennbarer Zwangsprostitution“, etwa wenn die Prostituierte mit Gewalt vorgeführt werde.

Im Koalitionsvertrag heißt es dazu: „Wir werden nicht nur gegen die Menschenhändler, sondern auch gegen diejenigen, die wissentlich und willentlich die Zwangslage der Opfer von Menschenhandel und Zwangsprostitution ausnutzen und diese zu sexuellen Handlungen missbrauchen, vorgehen.“ Dies entspricht weitgehend einer Formulierung, die die Koalitions-Arbeitsgruppe Familie bereits vor mehr als drei Wochen ausgehandelt hatte.

Gesundheitsstaatssekretärin Annette Widmann-Mauz, die für die CDU in dieser Arbeitsgruppe saß, sagte der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (Montag): „Wer Zwangsprostituierte wissentlich und brutal ausbeutet, soll auch damit rechnen müssen, dass zu Hause die Polizei vor der Tür steht.“

Sie kündigte auch ein Verbot von „Flatrate-Sex“ an. Zudem soll es ihren Angaben zufolge eine „Erlaubnispflicht für Bordellbetriebe“ sowie einen neuen Straftatbestand geben, der die Inanspruchnahme sexueller Dienstleistungen von Zwangsprostituierten unter Strafe stellt. Die CDU-Politikerin war Chef-Unterhändlerin der Union für den Bereich Familien und Frauen in den Koalitionsverhandlungen. In ihrem Koalitionsvertrag hatten CDU, CSU und SPD eine Überarbeitung des Prostitutionsgesetzes vereinbart.

Das bisher geltende Prostitutionsgesetz wurde zum 1. Januar 2002 von der rot-grünen Bundesregierung eingeführt. Hauptziel war, die rechtliche und soziale Lage von Prostituierten zu verbessern. Prostituierte können seither ihren Lohn gerichtlich einklagen und in die Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung aufgenommen werden. Vor Einführung des „Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Prostituierten“ war Prostitution sittenwidrig.

Kritiker bemängeln jedoch, dass das Gesetz die Zwangsprostitution fördere und Zuhältern Schutz vor Kontrollen biete. Indem Prostitution grundsätzlich legalisiert worden sei, seien auch Razzien in Bordellen erschwert worden. Zudem habe sich dadurch nur für einen kleinen Teil der Prostituierten die soziale Lage verbessert.