Es muss um 1980 gewesen sein, als ich in den rätselhaften Kosmos der Banken vordrang. Auf meinem Schülerkonto gingen die ersten Honorare der Lokalzeitung ein, etwa im Gegenwert einer Thunfischpizza. Der Weg vom Kontoguthaben zum Bargeld war hart: persönliches Erscheinen zu den Geschäftszeiten. Warten in der Schlange, am Schalter dann mit bebenden Fingern die Pappkarte mit Kontonummer vorgezeigt, die in einem Plastikfutteral steckte, plus Legitimation per Schülerausweis.
Nach ein paar Monaten lächelte Frau Bergmann sogar und drehte den Bildschirm so, dass ich über den Tresen meinen erbärmlichen Kontostand erspähen konnte. Überziehen war verboten, aber 20 Mark saßen fast immer drin. Frau Bergmann füllte ein Abhebungsformular aus, dreifache Ausfertigung, mit Namen, Kontonummer und Summe, setzte ihre Unterschrift darunter und veramtlichte den Vorgang mit einem Stempel. Mit dem Formular ging ich zur Kasse, ein schusssicherer Glaskasten am Ende der Schalterhalle.
Schumacher wundert sich über die damalige Bürokratie
Die Kassenfrau trug einen Gummifingerhut, der das Zählen der Scheine erleichterte. Sie begutachtete das Formular, stempelte und unterschrieb die Durchschläge, die in Kästchen verteilt wurden. Wir besprachen die Stückelung. Mit dem warmen Gefühl relativen Reichtums verließ ich das Institut, während hinter mir mehrere Fachkräfte damit betraut waren, die Durchschläge zu kontrollieren, abermals zu stempeln und abzuheften. Kontoführungsgebühren? Nie gehört.
Heute halte ich mein Handy an ein Kästchen. In Echtzeit wird der Betrag abgebucht. Automaten belegen Bargeldentnahme mit frechen Gebühren. Überweisungen erledige ich aus dem Homeoffice; keine Durchschläge, weder Stempel noch eine kostenintensive Frau Bergmann. Fachfrage: Wie haben Banken damals überlebt, bei so viel Personal, Papier und komplexen Prozessen, nur um 20 Mark auszuhändigen? Und warum geraten Banken heute in Schieflage, obgleich sie kaum noch Filialen betreiben, aber die Arbeit an Kunden und Maschinen delegiert haben? Der Bankenkosmos bleibt rätselhaft.
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