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Mit China im Gespräch bleiben

Matthias Iken ist stellvertretender Chefredakteur des Hamburger Abendblatts.

Matthias Iken ist stellvertretender Chefredakteur des Hamburger Abendblatts.

Foto: Andreas Laible

Deutschlands Außenpolitik wird vor allem mit dem moralischen Metermaß gemacht. Doch Diplomatie verlangt Dialog statt Belehrung.

Hamburg. Man mag das Wort „Zeitenwende“ kaum noch schreiben, so inflationär wird es benutzt: Die vielleicht nachhaltigste Veränderung der deutschen Politik aber verdient dieses Prädikat – leider auch nicht im positiven Sinne: Deutschlands Außenpolitik wird spätestens seit dem Überfall Putins auf die Ukraine vor allem mit dem moralischen Metermaß gemacht.

Das alles sieht mutig aus, klingt gut und wird in der bundesrepublikanischen Öffentlichkeit beklatscht. Ob diese Politik aber klug und nachhaltig ist, darf bezweifelt werden. Denn sie begeht zwei strategische Fehler – sie ist von einer Rigorosität, die man seit den dunkelsten Tagen des Kalten Krieges nicht mehr kannte. Die Welt zerfällt in Freunde und Feinde. Zugleich kümmert sich die deutsche Diplomatie nicht mehr um die Konflikte in einer unüberschaubarer werdenden Welt, sondern vor allem um die Stimmung und die Stimmen daheim. Die Außenpolitik wird zum Mittel der Innenpolitik.

China: Vom Reich der Mitte zum Reich des Bösen?

Komplexe Fragen der Diplomatie werden in Debatten auf Vorschulniveau heruntergekürzt, die Staaten in gut und böse eingeteilt. Da wird Katar über Nacht zu einem Emirat der Finsternis, während die Ukraine – eben noch ein extrem korrupter Staat – zur Heldennation verklärt wird, die nicht mehr kritisiert werden darf. China wiederum, eben noch wichtigster Handelspartner, mutiert bei manchem vom Reich der Mitte zum Reich des Bösen. Eine bloße Minderheitsbeteiligung am kleinsten Hafenterminal in Hamburg erregt die Nation über Wochen.

Da ist es gut und mutig, dass Hamburg nun wieder zur China Time lädt. Diplomatie lebt von Treffen, Austausch, Gesprächen – sie sollten nicht durch wohlklingende Belehrungen ersetzt werden.

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