Hamburg. Ich weiß nicht, ob die Politikerinnen und Politiker der Ampelkoalition auch einen Posten gegen die Diskriminierung von Tieren geschaffen haben, nachdem selbst fiktive Personen wie Winnetou und indigene (eingeborene) Völker, die noch nie etwas von Karl May oder Pierre Brice gehört haben, aus den Kitas und Kaufhäusern verbannt worden sind.
Gerade Tiere müssen als Schimpfwörter herhalten, wenn wir ihre Namen wie Ochse, Schwein, Ferkel, Drecksau oder Schlange unliebsamen Zeitgenossen an den Kopf werfen. Am schlimmsten betroffen ist seit Jahrtausenden der Esel, der als dumm, stur und störrisch gilt, sodass ein metaphorischer (bildlicher) Vergleich mit einer Person die Frage aufwirft, ob hier das Tier oder der beleidigte Mensch mehr diskriminiert wird.
Esel bleibt stur am Ufer stehen
Der Esel ist, wie Plinius der Ältere bereits 80 n. Chr. beschrieben hat, extrem wasserscheu. Er weigert sich, zumal mit Säcken, gefüllten Körben beladen oder vor einen zweirädrigen Karren gespannt, selbst einen seichten Bach zu durchwaten, da er wegen der glitzernden Wasseroberfläche nicht erkennen kann, wie tief er ist. Ein Esel bleibt stur und störrisch am Ufer stehen und lässt sich eher totprügeln, als ins Wasser zu treten. Er benötigt deshalb eine Brücke, um ans andere Ufer zu gelangen. Diese Brücke des Esels (lat. pons asinorum) ist also das Hilfsmittel, um eine Schwierigkeit zu meistern oder ein Hindernis zu umgehen.
Wir benutzen den Ausdruck „Eselsbrücke“ im übertragenen Sinne als mnemonisches (gedächtnisstützendes) Hilfsmittel, um uns Regeln, Formeln, Namen und Zahlen zu merken oder das irgendwo Gespeicherte wieder aus unserem Gehirn abzurufen. Die „Mnemonik“ ist der Fachbegriff für die Kunst, das Gedächtnis durch Hilfsmittel zu unterstützen – benannt nach Mnemosyne, der griechischen Göttin der Erinnerung. Doch diese Bezeichnungen sind schwer zu merken und schwierig auszusprechen. Deshalb gebrauchen wir volkstümlich die Bezeichnung „Eselsbrücken“ für die einprägsamen Merksprüche, Merkreime, Merkverse, Lernsprüche oder Ähnliches.
Eselsbrücke für Reihenfolge der Planeten
Hand aufs Herz, kennen Sie auf Anhieb die Reihenfolge der Planeten, die unsere Sonne umkreisen? Wenn nicht, hilft folgende Eselsbrücke: „Mein Vater erklärt mir jeden Sonntag unsere neun Planeten.“ Die Anfangsbuchstaben jedes Wortes bezeichnen den Anfangsbuchstaben eines Planeten: Merkur, Venus, Erde, Mars, Jupiter, Saturn, Uranus, Neptun und Pluto, wobei Pluto inzwischen seinen Planeten-Status verloren hat.
Ähnlich schwierig ist es, die Ostfriesischen Inseln von Ost nach West aufzuzählen. Auch hierbei behelfen wir uns mit den Anfangsbuchstaben einer Eselsbrücke: „Welcher Seemann liegt bei Nacht im Bett?“ Daraus ergibt sich die Reihenfolge Wangerooge, Spiekeroog, Langeoog,
Baltrum, Norderney, Juist (mittiges i, immerhin) und Borkum. In der Fassung für Erwachsene liegt der Seemann übrigens nicht bei Nacht, sondern bei Nanni im Bett.
„Alle ehemaligen Kanzler benötigen sonnabends keine Semmeln mit Schinken“
Wir Älteren haben es miterlebt, aber fragen Sie heute einmal einen Schüler, wer der dritte Bundeskanzler war. Entweder herrscht dann Schweigen, oder ein wildes Rätselraten setzt ein. Natürlich gibt es auch dafür eine Eselsbrücke: „Alle ehemaligen Kanzler benötigen sonnabends keine Semmeln mit Schinken“, also Adenauer, Erhard, Kiesinger, Brandt, Schmidt, Kohl, Schröder, Merkel und Scholz. Angela Merkel war eine Kanzlerin, und Olaf Scholz ist noch im Amt, aber allzu pingelig wollen wir bei Eselsbrücken nun doch nicht sein.
Manche Leute können sich keine Geschichtszahlen merken. Lernverse müssen helfen, etwa „Drei, drei, drei, bei Issos Keilerei“ (333 v. Chr., Alexander der
Große schlägt die Perser) oder „Sieben, fünf, drei, Rom schlüpft aus dem Ei“ (753 v. Chr., Gründung der Stadt Rom). Und wann ging es mit dem Weströmischen Reich zu Ende? „Vier, sieben, sechs, und Rom war ex“ (476 n. Chr., Kaiser Romulus Augustulus wird vom Germanen Odoaker abgesetzt).
Die Eselsbrücken zur Grammatik und Rechtschreibung sind kaum zu zählen, zum Beispiel: „Wer nämlich mit h schreibt, ist dämlich.“
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