Meinung
Kommentar

Die vernünftige Liebe zum Auto

Jens Meyer-Wellmann, Chefkorrespondent des Hamburger Abendblatts.

Jens Meyer-Wellmann, Chefkorrespondent des Hamburger Abendblatts.

Foto: Max Aurich

Der Besitz eines Autos rechnet sich in vielen Fällen nicht. Trotzdem entscheiden sich viele Hamburger für den Kauf.

Hamburg. Natürlich, das muss man einräumen: So ein eigenes Auto vor der Haustür gibt seinem Besitzer ein Stückchen Freiheit. Jederzeit kann man losfahren, wohin auch immer, muss nicht auf Fahrpläne achten oder zu Haltestellen laufen, kommt bei jedem Wetter bequem und oft schneller von A nach B als mit Bus, Bahn oder Fahrrad – und Großeinkäufe lassen sich auch besser erledigen als anderswie.

All dies dürften Gründe sein, warum die Zahl der Pkw auch in Hamburg nun erneut zunimmt. Dass sie nach Jahren stetigen Wachstums für zwei Quartale zurückgegangen war, erweist sich also nicht als der erhoffte Trend weg vom Auto, sondern hatte wohl andere Gründe, Lieferprobleme womöglich.

Besitz eines Autos rechnet sich oft gar nicht

Dabei sind die Argumente gegen ein eigenes Auto mindestens ebenso gewichtig. Pkw verbrauchen viel mehr Platz und Energie pro transportierter Person als öffentliche Verkehrsmittel, machen Lärm und schaden dem Klima. Sie belegen den in Städten knappen und besser nutzbaren Platz, um im Durchschnitt 23 Stunden am Tag herumzustehen. Und der Besitz ist teuer und rechnet sich oft gar nicht: Zur Anschaffung kommen hohen Spritkosten, Steuern und steigende Parkgebühren.

Dass vielen Hamburgern der Kauf eines Autos gleichwohl vernünftig erscheint, zeigt vor allem eines: In ihrer Abwägung überwiegen noch immer die Vorteile. Sich darüber moralisch zu erheben bringt wenig. Vielmehr muss die Politik dafür sorgen, dass die vernünftigen Entscheidungen der Menschen immer öfter gegen das Auto ausfallen. Dazu braucht man einen viel besseren und viel günstigeren öffentlichen Nahverkehr und eine Ergänzung durch Sharingangebote auch in äußeren Stadtteilen. Der Erfolg des 9-Euro-Tickets zeigt ja gerade, was alles möglich ist.

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