Hamburg. Toxische Männlichkeit und Gewalt: Wie der Krieg auch die Diskussion um Geschlechter und Rollenverteilung neu beleben könnte.

Meine Herren, ich hätte da mal eine Frage: Angenommen, unser schönes Deutschland würde angegriffen, massiv und militärisch – würden Sie sich freiwillig melden, ein Gewehr in die Hand nehmen und die Eindringlinge erschießen? Oder lieber mit dem Neun-Euro-Ticket Richtung Westen? Liebe Väter, würden Sie Ihre Söhne ermutigen, in den Krieg zu ziehen? Und, liebe Partnerinnen, Mütter, Schwestern, Tanten, Omas – wie stehen Sie dazu? Mit den Kindern fliehen oder Molotowcocktails basteln?

Absurde Fragen? Das dachten die Menschen in der Ukraine auch, bis vor drei Monaten. Da war jene ferne Zeit, als wir, durchaus zu Recht, über toxische Männlichkeit geredet haben, über breitbeinige Gewalt und hierarchisches Führen und bekloppten Heldenkult. Eben diese toxische Männlichkeit feiern wir gerade: Da ist die, wenn auch ausgedachte Geschichte vom geheimnisvollen Wunderbomber, der quasi im Alleinflug die russische Luftwaffe erledigt haben soll, wir bewundern die Kämpfer aus dem Stahlwerk, die bis zur letzten Kugel ausharrten, und verehren Wolodymyr Selenskyj, der sich „Munition und keine Mitfahrgelegenheit“ in sichere Gefilde wünscht.