Hamburg. Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) sitzt seit Ende vergangener Woche in einem Kieler Hotelzimmer in Quarantäne, obwohl er und die Regierungschefs aller anderen Bundesländern finden, dass das unnötig ist. Das verstehen Sie nicht? Das versteht keiner, und das ist leider nicht untypisch für den Kampf, den wir gerade alle gemeinsam gegen die Omikron-Welle in der Corona-Pandemie führen. Während Politikerinnen und Politiker immer wieder betonen, wie wichtig Eindämmungsmaßnahmen sind, die möglichst viele begreifen und die schnell umgesetzt werden, passiert leider im Moment das Gegenteil.
In unserem Fall, also dem Fall des im Hotelzimmer festsitzenden Ministerpräsidenten, ist die Lage wie folgt: Günther hatte engeren Kontakt zu einem Mitarbeiter, der sich mit Omikron infiziert hat. Deshalb muss er nach den alten Regeln in eine 14 Tage dauernde Quarantäne. Allerdings hat sich die Ministerpräsidentenkonferenz am vergangenen Freitag von diesen alten Regeln verabschiedet.
Sie ist unter der Leitung von Kanzler Scholz zu der Erkenntnis gekommen, dass Menschen, die doppelt geimpft und geboostert sind, überhaupt nicht mehr in Quarantäne müssen – und hat das Ende vergangener Woche bereits verkündet, neben verschiedenen weiteren Änderungen der Quarantänebestimmungen. Nun ist Daniel Günther natürlich geimpft und geboostert und sitzt nur deshalb noch in seinem Hotelzimmer, weil die neuen Regeln noch nicht offiziell gelten. Das werden sie voraussichtlich erst vom kommenden Freitag an.
Corona-Quarantäne: Auch Tschentscher kam beim Thema ins Stocken
Alles klar? Natürlich nicht! Auch Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) kam ins Stocken, als er diese Woche erklären sollte, was denn nun in Sachen Quarantäne gilt: das, was nach der Ministerpräsidentenkonferenz gesagt worden war? Oder das, was davor Recht und Gesetz war und offenbar immer noch gilt, obwohl doch alle finden, dass das nicht richtig ist?
Die Kommunikation ist in diesem Punkt ein Desaster, weil zwischen Verkündung der neuen Regeln und ihrer offiziellen Umsetzung so viel Zeit vergeht. Zeit, die wir in der Pandemie grundsätzlich nicht haben. All das, was wichtig und nötig ist, um die Lage zu verbessern, muss sofort und so schnell wie möglich getan werden – eine Woche verstreichen zu lassen ist indiskutabel. Zumal nicht nur Daniel Günther unnötig eingesperrt ist, sondern wahrscheinlich Hunderttausende Menschen in der gesamten Republik. Sie hatten einfach Pech, dass sie zu früh mit einem Infizierten in Kontakt gekommen sind – absurd.
Bürger nehmen den Kanzler beim Wort
Genauso absurd ist, dass sich die wichtigsten Politikerinnen und Politiker des Landes nicht bewusst sind, dass die Menschen in der Regel auf das hören, was sie sagen. Wenn also der Kanzler die Änderung von Quarantäneregeln verkündet, dann gehen wir, die Bürgerinnen und Bürger, davon aus, dass wir ihn beim Wort nehmen und uns auf ihn beziehen können. Wer weiß, wie viele Personen am vergangenen Freitag oder dem Wochenende ihre Quarantäne abgebrochen haben, nur weil sie dem Kanzler und seinen Ministerpräsidenten vertrauen und im Zweifel dabei gegen geltendes Recht verstoßen haben …
Ganz ehrlich: So etwas darf nach zwei Jahren Pandemie nicht passieren und sorgt gerade bei denen, die alles getan haben, was man von ihnen in Sachen Impfung und Boostern verlangt hat, zu Recht für Ärger. Wahrscheinlich auch bei Daniel Günther, der das aus verständlichen Gründen nicht offen zugeben kann.
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