Beim Besuch im Restaurant oder Café hinterlassen wir alle seit dem Ende des Lockdowns unsere persönlichen Daten und schreiben Anschrift, E-Mail-Adresse und Telefonnummer auf die gereichten Zettel – um dazu beizutragen, die Pandemie in den Griff zu bekommen und um Menschenleben zu schützen. Wir vertrauen dabei darauf, dass diese Daten auch persönlich bleiben.
Umso erschreckender ist das, was jetzt in der Antwort des Senats auf eine Kleine Anfrage öffentlich geworden ist: Die Gästelisten werden von der Hamburger Polizei für Ermittlungen herangezogen – und das offensichtlich nicht nur für schwere Straftaten, sondern auch für Ordnungswidrigkeiten.
Verfolgung aufgrund von Gästelisten: Das Maß verloren
Damit hier kein falscher Eindruck entsteht: Natürlich müssen der Polizei nach klaren Regeln und mit richterlicher Anordnung die persönlichen Daten der Gästelisten für die Ermittlungen bei Kapitalverbrechen zur Verfügung stehen. Dagegen wird sich wohl kaum jemand stellen.
Aber wenn die persönlichen Daten von Dutzenden Hamburgerinnen und Hamburgern auf der Polizeiwache landen, nur um die Ordnungswidrigkeit eines Einzelnen zu verfolgen und ein Bußgeld zu verhängen, dann ist hier jeder Blick für das rechte Maß verloren gegangen. Das ist ein klarer Missbrauch des Vertrauens der Hamburger.
Hamburgs Innensenator Andy Grote ist gefordert
Die Hamburger Polizei erweist dem Kampf gegen Corona und dem Schutz der Menschen dieser Stadt so einen Bärendienst. Wenn die Hamburger sich bei den Gästelisten nicht darauf verlassen können, dass ihre Daten sicher sind, muss man sich nicht wundern, wenn die Bereitschaft schwindet, richtige Namen und Adressen zu hinterlassen.
Der Innensenator muss seinen Beamten Einhalt gebieten – und die Politik muss, wie vom Hamburger Datenschutzbeauftragten gefordert, über die Strafprozessordnung strenge und klare Regeln für den Umgang mit diesen Daten schaffen.
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