Allerdings nicht das, was zu Kaisers Zeiten gesprochen wurde. Ab und zu müssen einige verstaubte Zöpfe abgeschnitten werden.

Ein 75 Jahre alter Leser schrieb mir, sein Sprachgefühl sei beeinträchtigt, weil er immer häufiger „von daher“ statt „deshalb“ hören und lesen müsse. Ich antwortete ihm, als 79 Jahre alter Autor hätte ich es bisher stets vermieden, „von daher“ für „deshalb“ (aus diesem Grunde) zu schreiben, müsse mich bei der Interpretation des Deutschen in meinen Kolumnen aber an die aktuelle Sprache und die gültigen Regeln halten. Sprache ist, was gesprochen und vor allem verstanden wird, nicht unbedingt das, was zu Kaisers Zeiten gesprochen werden sollte. Das Adverb „deshalb“ wird heutzutage so oft durch „von daher“ ersetzt, dass hier der Primat des Ausdrucks gewechselt hat – und das durchaus hochsprachlich.

Der Duden ist sich, wie so häufig, mit sich selbst nicht einig. Zwar ist der Rechtschreibduden (Band 1) nicht unbedingt für die Stilistik und Semantik (Bedeutungslehre) zuständig, doch erklärt das nicht, dass er „von daher“ unter dem Stichwort „daher“ für standardsprachlich, unter dem Stichwort „von“ aber für umgangssprachlich erklärt. Der Duden, der bis 1996 so stur an den Widersprüchen der Orthografie festgehalten hat (toll, Tolpatsch; in bezug, mit Bezug etc.), bis die Rechtschreibreform nicht mehr zu vermeiden war, knickt heute immer mehr ein oder schäkert sogar mit dem Genderstern („Ich kenne meine Pappenheimer*innen“).