Hamburg. Die Skandinavier verzichteten auf ein Einfrieren des Landes – und müssen eine zweite Infektionswelle weniger fürchten.

Was erlauben sich eigentlich die Schweden? Mit einer Mischung aus Abscheu und Empörung blicken manche deutsche Politiker auf das skandinavische Land, das sich in der Corona-Krise so ganz anders verhält, als man es selbst für geboten hält. SPD-Gesundheits­experte Karl Lauterbach, der kurzerhand mal die Schulen für ein Jahr schließen will, belehrt das Königreich in deutschen Talkshows: „Schweden ist völlig verantwortungslos.“ Darin seien sich „alle Epidemiologen“ einig. Und dann verweist er auf die Zahlen: Die Schweden hätten dreimal so viele Tote wie wir. Auch Moderator Markus Lanz kennt sich offenbar nicht nur gut im Plaudern, sondern auch in der Epidemiologie aus: „Das fliegt denen gerade um die Ohren.“

Viele deutsche Medien sind im Lauterbach-Modus: „Skrupellos“, „Irrweg“, „Russisch Roulette“, „tödlicher Sonderweg“ tönt es da – ein CDU-Bundestagsabgeordneter verbreitet eifrig falsche Zahlen. Glaubt man den Weltuntergangspredigern, ist Schweden verloren. Tatsächlich sind die Todeszahlen deutlich schlechter als hierzulande: 3530 Menschen sind zwischen Lappland und Schonen bisher an den Folgen einer Covid-19-Infektion gestorben, das sind 34,6 Todesopfer pro 100.000 Einwohner. In Deutschland liegt diese Zahl bei 9,5.