Ganz ohne Lateingeht es auch bei der Pandemie nicht. Nur mit Wörtern und Genera werden wir die Krise nicht lösen.

Ich hatte vor Kurzem meine Kolumne etwas keck und unter Umständen dem Ernst der Situation nicht ganz angemessen mit folgendem Satz begonnen: „Das Coronavirus hat das gesamte gesellschaftliche, wirtschaftliche, kulturelle und sportliche Leben in Deutschland lahmgelegt, aber nicht die Deklination der Adjektive.“

Die Ermahnung aus der Leserschaft blieb wider Erwarten aus, nur eine Dame griff zum Kugelschreiber und DIN-A5-Block, um sich über ein einziges Wort zu beschweren, nämlich über das erste im Text – über das „Das“. Sie schrieb: „Im Lateinunterricht habe ich gelernt, daß die Endung -us bei einem Substantiv männlich ist, die sächliche Endung wäre -um. Warum sagen fast alle ‚das‘ Virus? Sie auch!“ Fast alle und auch ich sagen „das“ Virus, weil das Virus medizinisch und fachsprachlich ein Neutrum (sächlich) ist, und zwar bereits seit den Zeiten der Römer. Die kannten noch nicht die Bedeutung „kleines krankheitserregendes Partikel, das sich nur in lebendem Gewebe entwickelt“ und erst recht nicht die Definition „Computerprogramm, das falsche oder zerstörerische Befehle in anderen Programmen auslöst“, aber sie kannten das lat. Wort virus, -i n. (Schleim, Saft, Gift), das trotz der us-Endung ein reines Neutrum ist.