Bitte mehr Pathos, mehr Gefühl, mehr Begeisterung

Manchmal möchte ich nach Landtagswahlen schreien. Nicht, weil mir die Ergebnisse missfallen – na gut, auch das –, sondern weil ich die oft so teilnahmslos wirkenden Reaktionen aus Berlin nicht verstehen kann. Selbst bei größten Niederlagen bleiben die Vertreter gerade von CDU/CSU und SPD kontrolliert, nüchtern, sachlich. Wahrscheinlich denken sie, man muss so sein als Politiker, ganz gleich, in welcher Lage, und ist die Hochrechnung auch noch so kata­strophal. Und wahrscheinlich ist genau das einer der Gründe dafür, dass die genannten Parteien dort sind, wo sie sind.

Es fehlt an Leidenschaft, an Empathie, an Streitlust, und, leider auch das, an Optimismus. Wo man hinblickt, bei CDU, CSU und SPD: viel Vernunft, viel Verantwortung und Kompetenz, was ja auch wichtig und gut ist. Nur: Das allein wird nicht reichen, wenn die Volksparteien ansatzweise wieder dort hinkommen wollen, wo sie einmal waren. Es wird nicht einmal reichen, gut zu regieren und Thema für Thema ordentlich abzuarbeiten. Politik ist eben nicht bloßes Handeln, Politik ist mehr. Das fängt bei der Sprache an, nicht umsonst hat Grünen-Chef Robert Habeck genau darüber ein Buch geschrieben, und nicht umsonst stehen die Grünen im Moment so gut da wie noch nie in ihrer Geschichte. Das hat natürlich mit dem großen Thema Klimawandel beziehungsweise Klimaschutz zu tun, dem Markenkern der Grünen. Ihr Erfolg liegt aber auch daran, wie Habeck und seine Co-Vorsitzende Annalena Baerbock sind: klar in ihren Aussagen, streitlustig, kämpferisch – und eben nicht mehr wie einige ihre Vorgänger: oberlehrerhaft und ideologisch. Man nimmt den beiden ab, dass sie für ihre Politik und ihre Themen brennen.