Gern zeigen wir mit dem Finger auf die Neuen Bundesländer – aber zur Entfremdung hat auch der Westen beigetragen.

Der Ost-Erklärer hat dieser Tage wieder Konjunktur. Kurz vor den Wahlen in Brandenburg und Sachsen am 1. September werden die Scheinwerfer auf die Bundesländer gerichtet, die gar nicht mehr so neu sind. Aber trotz aller Erklärungen werden viele „Wessis“ den Erfolg der Rechten nicht verstehen. Schlimmer noch – seit den Erfolgen der AfD im Osten ist das wiedervereinigte Deutschland so gespalten wie seit 1989 nicht mehr. Die Wut im Osten trifft auf die Empörung im Westen – und beide schaukeln sich auf.

Mitunter wird übersehen, welchen Anteil am Entfremdungsprozess der Westen trägt. Die Bundesrepublik mag aus Berlin regiert werden und die Kanzlerin Ostdeutsche sein – aber die Republik tickt so westlich wie die verblichene BRD: Der politisch-kulturelle Diskurs wirkt wie eine Weitererzählung der Bonner Republik, nur dass die Diskurshoheit weit nach links verschoben wurde.