Beim Reisen bilden sich tolle Freundschaften. Sonnabend wurde ich beispielsweise ein Freund der Lufthansa-Mitarbeiter beim „Serviceschalter“ in München. Gut, diese Freundschaft hatte ich nicht exklusiv, aber für ein gutes Gespräch stellt man sich gerne 45 Minuten lang an. „Guten Tag, mein Flug nach Hamburg um 15.15 Uhr wurde gestrichen, werde ich automatisch auf den nächsten gebucht?“ „Nein.“ „Oh, warum nicht?“ „Weil der auch annulliert wurde.“ „Und jetzt?“ „Sieht schlecht aus heute.“ „Aber es gibt doch noch drei weitere Flüge.“ „Alle überbucht, ich kann Sie nur auf die Warteliste setzen.“ Es folgten Stunden, in denen ich von einem Gate erfolglos zum nächsten wanderte. Wir „Wartelisten-Loser“ bildeten nach und nach eine nette Community. Einer berichtete, wo es die besten Brezeln im Terminal gäbe, ein anderer, wo man Kontaktlinsenmittel für die Nacht bekäme, eine Dritte meinte zu wissen, warum die Flüge gestrichen wurden. „Gewitterwarnung, da wird vorsorglich ausgedünnt.“ Draußen auf dem Rollfeld schien die Sonne.

Mit jedem Flug, der ohne uns startete, wuchs auch die Zahl der Lufthansa-Kollegen, die nach Hamburg wollten (es waren am Ende zwölf) und ähnlich schlechte Chancen hatten wie wir „Vollzahler“. Eine nette Stewardess, die ich auch am nächsten Morgen noch sehen würde, begrüßte eine Kollegin mit den Worten: „Mensch, Gaby, du immer noch hier?“ Gaby zuckte apathisch mit den Schultern und biss in ihre dritte Brezel: „Ist es nicht wieder ein wunderschöner Arbeitstag?“ „Komm Gaby, ich gebe dir meine Zeitung ab.“ Ich ahnte den wahren Grund der Flug-Annullierungen: Es handelte sich hier um eine geheime Teambildungs-Maßnahme. Im Leid vereint. Das schweißt besser zusammen als jede Weihnachtsfeier.