Berlin. Der „Globale Pakt für Migration“ der Vereinten Nationen ist eine große Vision. Doch gegen rechten Populismus helfen nur klare Konzepte.

Es wäre schön, wenn es eine Weltregierung gäbe, die Frieden und Wohlstand für alle schaffen könnte. Allein: Es ist ein Traum. Trotzdem holen die Vereinten Nationen wieder einmal zum großen Wurf aus. Ein Einwanderungspapier, das den wenig bescheidenen Titel „Globaler Pakt für Migration“ trägt, verlangt die Verbesserung der Lebensbedingungen auf dem Planeten. Und: Migranten sollen vollständig in die Gesellschaft integriert werden.

Obwohl das Abkommen rechtlich nicht verbindlich ist und nur Empfehlungen enthält, geht ein Aufschrei der Empörung durch Europa. Ausgerechnet Österreich, das derzeit den Vorsitz im Rat der EU hat, läuft Sturm gegen die Übereinkunft. Kanzler Sebastian Kurz warnt vor einer unbegrenzten Armutswanderung.

Für die Rechtspopulisten in Wien, Budapest oder Rom ist die Regelung ein gefundenes Fressen. Sie werfen alles in einen Topf: Kriegsflüchtlinge, Asylbewerber, Menschen, die Ländern mit hoher Kriminalität oder Dürre entkommen wollen oder bessere Lebensbedingungen suchen.

Europa ist mehr denn je zerrissen

Diese Pauschalverurteilung durch die Rechten ist nicht fair. Das UN-Abkommen redet ausdrücklich nicht von Flüchtlingen. Doch AfD oder FPÖ geht es auch nicht um Differenzierung – sie wollen Stimmungen schüren und Wähler mobilisieren.

Die Heftigkeit der Diskussion zeigt: Beim Thema Migration ist Europa mehr denn je zerrissen. Osteuropa, Österreich und Italien setzen auf maximale Grenzkontrolle und Abschottung, die Regierungen im Westen fordern solidarische Lösungen.

Die Spaltung wurde bereits im September 2015 deutlich, als sich die EU nicht auf eine Verteilung von bis zu 160.000 Flüchtlingen einigen konnte. Auch der Brüsseler Gipfel vom Juni 2018 erwies sich bislang als Luftnummer. „Auffanglager“ für Migranten in Europa gibt es ebenso wenig wie „Ausschiffungszen­tren“ in Nordafrika.

Deutschland vor der Mammutaufgabe

Manche mögen dies bedauern: Aber dies ist nicht die Zeit der großen Visionen. Man muss sich in der Debatte vielmehr ehrlich machen. Die UN sind zum Scheitern verurteilt, wenn sie weltweit vergleichbare Lebensverhältnisse anstreben. Insofern ist der Wirbel um das Migrationspapier ein wolkiges Unterfangen – viel Lärm um nichts.

Viel wichtiger ist die Erkenntnis, dass man bei der Zuwanderung streng unterscheiden muss. So steht Deutschland vor der Mammutaufgabe, diejenigen Flüchtlinge zu integrieren, die bereits im Land sind. Mit ein paar Sprachkursen oder Seminaren in Staatsbürgerkunde ist es nicht getan. Es gilt das Prinzip der Gegenseitigkeit: Deutschland gibt, Migranten haben aber auch eine Bringschuld, sich an Gebote und Werte des Grundgesetzes zu halten. Dieser Prozess wird lange dauern. Sollen die Bürger nicht überfordert werden, sind der Aufnahme künftiger Asylbewerber Grenzen gesetzt.

Unternehmen brauchen qualifiziertes Personal

Dennoch braucht unser Land Fachkräfte aus aller Welt. Die Alterung der Gesellschaft nimmt zu. Die Unternehmen benötigen qualifiziertes Personal, um im internationalen Wettbewerb zu bestehen. Die Sozialversicherung ist auf Beitragszahlungen angewiesen, um die Leistungen auch künftig garantieren zu können. Hierzu muss die Bundesregierung klare Kriterien für die Auswahl von Migranten entwickeln. Die Forderung nach einem Einwanderungsgesetz spukt zwar immer wieder durch die Strategiezentren der Parteien. Doch es ist bis dato zu wenig passiert.

Der Herausforderung der Migration lässt sich nur mit einem klaren Konzept und klarer Sprache begegnen. Das ist das beste Gegenmittel gegen Rechtspopulisten, die nur Ressentiments schüren wollen.