Hamburg. Das Ladungsaufkommen im Hamburger Hafen sinkt. Es ist ein schleichender Prozess, aber ein stetiger. Nach 2017 ging auch im ersten Halbjahr 2018 der Umschlag zurück. Die FDP spricht von verunglückter Hafenpolitik, die CDU von einem großen Leck im Flaggschiff der Hamburger Wirtschaft. Einen Tag nachdem der Präsident des Unternehmensverbands Hafen Hamburg, Gunther Bonz, im Abendblatt-Interview die Lage des Hamburger Hafens als ernst bezeichnet und dem Senat politische Fehler vorgeworfen hat, ist die Aufregung groß – nicht nur bei den Oppositionsparteien. Im Regierungslager werden Bonz’ Äußerungen nicht gern vernommen, zumal der heutige Verbandspräsident und Hafenmanager als ehemaliger Staatsrat der Wirtschaftsbehörde selbst aus dem politischen Lager stammt. Mit seiner zugespitzten Kritik gilt der höchste Vertreter der Hafenwirtschaft bei einigen als „Querulant“ und „Nestbeschmutzer“.
Aber was genau ist ihm vorzuwerfen? Dass der Hafen derzeit im europäischen Vergleich Marktanteile verliert, ist ein Fakt, der nicht wegdiskutiert werden kann. Dass der Senat nicht den Eindruck erweckt, sich aktiv gegen die Misere zu stemmen, stimmt auch. Bonz hat eine konzertierte Aktion gefordert, in der Politik, Hafenwirtschaft, Gewerkschaften und sonstige Beteiligte gemeinsam nach Lösungen suchen sollen, die den Hafen wieder in ein gutes Fahrwasser zurückführen. Es ist unverständlich, warum die Politik darauf bisher nicht eingegangen ist. Dann würde endlich hinter geschlossenen Türen diskutiert, und es würde beendet, was die Regierung Bonz derzeit vorwirft, nämlich die öffentliche gegenseitige verbale Demontage.
Hamburg braucht einen neuen Hafenentwicklungsplan
Hamburg braucht dringend frische Konzepte zur Belebung des Hafengeschäfts. Der Hafenentwicklungsplan, der eigentlich bis 2025 reichen soll, ist völlig überholt, weil er von einem Wachstum ausgeht, nicht von einer Schrumpfung. Die wachsende Konkurrenz der Wettbewerbshäfen, die lange Revierfahrt und Tiefgangsbeschränkungen wegen der fehlenden Elbvertiefung sowie strukturelle Veränderung in der Frachtschifffahrt haben dazu geführt, dass Hamburgs Hafen allmählich von den Handelsströmen abgehängt wird.
Bezeichnenderweise trägt der veraltete Plan den Titel: „Hamburg hält Kurs“. Aber Kurshalten reicht nicht. Es gibt Ideen, aber nichts geht Hand in Hand. Die Vorstandsvorsitzende der HHLA, Angela Titzrath, verfolgt beispielsweise den Plan, Chinas Projekt von der Wiederbelebung der Seidenstraße für den Hamburger Hafen zu nutzen und mehr Ladung aus Fernost an die Elbe zu holen.
Nur alle gemeinsam können die Probleme des Hafens lösen
Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) bietet stattdessen in Marseille der französischen Reederei CMA CGM eine Beteiligung an einem Hamburger Umschlagterminal an, was für die Chinesen durchaus ein Affront ist, die schon seit Jahren um eine Terminalbeteiligung in Hamburg bitten. Gemeinsame Strategien sehen anders aus.
Zweimal hat die Stadt Ideenwettbewerbe für neues Geschäft auf der riesigen Brache im ehemaligen Mittleren Freihafen durchgeführt. Es gibt aber immer noch kein Nutzungskonzept. Wann dort wieder Wertschöpfung stattfindet, ist nicht absehbar. Niemand ist an dem Dilemma des Hamburger Hafens schuld. Die Wirtschaftsbehörde nicht, die Hafenverwaltung Hamburg Port Authority (HPA) nicht und die Hafenwirtschaft auch nicht. Aber nur alle gemeinsam können das Problem lösen. Gründet einen runden Tisch und entwickelt einen neuen Hafenplan! Das wäre zum Wohl der Stadt.
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