Die Betriebskosten der Elbphilharmonie sind das nächste große Problem der Stadt

Wie man sich als Politiker mit Entscheidungsbefugnis blamiert, kann Hamburg gerade in München besichtigen: Dort haben Ministerpräsident Seehofer (CSU) und OB Reiter (SPD) gerade in trauter Wurschtigkeit beschlossen, mit dem Umbau der akustisch unrettbaren Philharmonie im Gasteig das blühende klassische Musikleben an der Isar auf Jahre lahmzulegen. Man will eine berüchtigte Klangruine verschlimmbessern, anstatt endlich mutig und selbstbewusst in Neues und Besseres zu investieren. Eine erschreckend große Koalition kulturbanausiger Dummheit, und das ist als Haltungsnote noch freundlich untertrieben. An der Elbe ist man seit Jahren deutlich weiter; hier sind die Baufortschritte bei der Elbphilharmonie geradezu rasant, die Harmonie zwischen allen Verantwortlichen ist mittlerweile so groß, wie man es anfangs nie zu träumen wagte.

Alles fein also an der Elbe? Nur noch 100 Wochen warten, dann wird eröffnet, Monate vorher wird es Hauen und Stechen um die begehrten Premierenkarten geben, und alles andere fürs ersehnte Musikstadt-Weltniveau findet sich danach wie von selbst? Kulturbehörde und Bürgermeister können sich kurz vor der Bürgerschaftswahl entspannen und so tun, als wäre nichts, weil dieses Problem bislang unerwähnt blieb? Schön wäre es ja. Aber so einfach wird es leider nicht sein. Im Gegenteil.

Das Fertigbauen ist jetzt nur noch Handwerk, sehr schwierig, aber machbar. Aber (und das ist überhaupt kein kleines Aber): Mit der nach wie vor unbeantworteten Frage der Betriebskosten schiebt die Stadt seit Jahren ein Problem vor sich her, das strukturell entscheidender sein wird als die Überlegung, wer welches Orchester mit welchem Programm für ein Elbphilharmonie-Konzert engagiert.

Dass dieses multifunktionale Konzerthaus, hoch über der Elbe und mit einem radikal entworfenen Großen Saal, so anders ist als alle anderen weltweit, macht die Berechnung zwar schwieriger als für ein x-beliebiges Abspielgebäude. Aber sie wird dadurch umso wichtiger. Strukturprobleme durch kulturpolitisch verordnete Unterfinanzierung – von dieser Misere können neben den Hamburger Museen auch die drei Staatstheater eine episch lange Klage anstimmen. Und sie sind nicht allein damit. Denn in den vor-elbphilharmonischen Jahrzehnten hat noch jede Kulturbehörde es verpennt oder verdrängt, der Laeiszhalle einen seriösen kulturpolitischen Auftrag zuzugestehen. Damit wären nämlich regelmäßige Investitionen verbunden gewesen, und obendrauf eine intellektuelle Auseinandersetzung mit dem Thema „Kultur und ihre Bedeutung für diese Stadt“. Diese schlimmen, peinlichen Zeiten sind fast vorbei. Gehandelt wurde, entschieden und gebaut wurde auch. Nun jedoch muss man sich auch noch der sicher unbequemen Frage der Anschlussfinanzierung stellen. Die Elbphilharmonie, alle Kostenexplosionen für die Errichtung mitgerechnet, ist lediglich eine stolze Hülle für Inhalte, die es nicht für kleines Geld geben wird. Außerdem benötigt ein derart komplexes Gebäude garantiert mehr für seinen Unterhalt und Betrieb als irgendeine schnöde Mehrzweckhalle. All das ist der Stadt unterschwellig seit Jahren bewusst und bekannt. Jetzt, nachdem die Inkompetenten und Überforderten aufseiten der Stadt gegangen sind oder gegangen wurden, wird es höchste Zeit, den nächsten Schritt zu gehen. Ob und wie sich eine angemessene Finanzierung des Elbphilharmonie-Betriebs mit dem Kulturbehörden-Mantra verträgt, dass für dieses Projekt niemand in der Hamburger Kultur Kürzungen verkraften muss, muss sehr bald geklärt werden. Und falls sich herausstellt, dass der Kultur-Etat für den Betrieb der Elbphilharmonie langfristig zu erhöhen ist, dann ist es eben so. Kurzsichtig gegeizt wurde an dieser Kostenstelle viel zu lange.