Griechenlands Regierung auf dem Weg in den Alltag

Atemberaubend ist das Tempo, das Griechenlands neue Regierung angeschlagen hat. Manchmal ist sie so schnell, dass sie sich quasi über Nacht selbst überholt. Gestern noch Rauswurf der Troika und Schuldenschnitt, heute doch eher Umschuldung und ernsthafte Gespräche. Die manchen Mitteleuropäer schreckende Melange aus hochtrabenden Wahlversprechen und mediterraner Verhandlungsstrategie weicht langsam politischem Pragmatismus. Und hoffentlich auch der Einsicht, dass die Europäische Union trotz aller eventuellen Verluste an Prestige und Geld gegebenenfalls auch ganz gut ohne Griechenland auskäme. Umgekehrt gingen in Hellas aber die Lichter wohl endgültig aus. Eine Spaltung der EU in der Griechenlandfrage ist dem neuen Regierungschef Tsipras und seinem Finanzminister Varoufakis auf ihrer europäischen Antrittstournee im großen Bogen um Deutschland herum jedenfalls nicht gelungen.

Auch die von Athen jetzt ins Spiel gebrachte Streckung der Schuldentilgung auf den Sanktnimmerleinstag wird noch nicht das letzte Wort im europäischen Finanzpoker gewesen sein. Und eine gewissen Kontrolle, was mit dem geliehenen Geld geschieht und was aus den versprochenen Reformen wird, kann sich Brüssel auch künftig nicht nehmen lassen. Ob die Aufpasser nun Troika heißen oder einen anderen, unverbrauchten und unverdächtigen Namen erhalten, sei dahingestellt. Noch wichtiger ist, dass sich Griechenland und der Rest Europas auf Schritte einigen, die die Wirtschaft des Landes so weit auf die Beine bringen, dass in absehbarer Zeit überhaupt an Tilgung oder wenigstens Zinszahlungen zu denken ist.

Das von Kommissionspräsident Juncker aufgelegte 300-Milliarden-Euro-Investitionspaket könnte eine der Quellen für Griechenlands Zukunft sein. Voraussetzung dafür sind aber vor allem weitere Reformen im Land selbst, die Investitionen ermöglichen. Und über eine Besteuerung von Reedern und anderen Schwerreichen sollten Alexis Tsipras und die Seinen nicht nur reden, sondern schnell damit beginnen – bevor noch das letzte Geld ins Ausland verschwunden ist. Den markigen Worten müssen langsam auch Taten folgen.