Es stimmt: Das Hamburger Wahlrecht ist nicht das einfachste. Ein Wähler mit einer Stimme für eine Partei – das würde auch funktionieren. Und das wäre natürlich auch demokratisch. Aber nur weil es etwas einfach ist, ist es noch lange nicht die beste Lösung.

Das Gegenteil von einfach ist kompliziert. Aber ist es das wirklich? Nein. Denn ich kann es mir auch mit dem aktuellen Wahlrecht ganz einfach machen. Letztlich ist es nicht viel anders als bei einer Bundestagswahl. Da gibt es die Erststimme für den Direkt-Kandidaten. Jetzt habe ich fünf für die Kandidaten. Die kann ich einem alleine geben oder mehreren, das war’s dann schon. Und statt einer Zweitstimme habe ich deren fünf. Und wenn es mich nicht interessiert, welche Personen in die Bürgerschaft kommen, sondern nur, welche Parteien die Mehrheit haben, kann ich es mir genauso einfach machen wie beim Bundestag: indem ich fünf Kreuze bei einer Partei mache.

Das Wahlrecht bietet viele Möglichkeiten – doch niemand ist gezwungen, sie zu nutzen. So kann jeder die rosa Wahlzettel mit den Wahlkreiskandidaten einfach ignorieren, ohne seine Stimme damit wertloser zu machen. Denn für das Stärkeverhältnis der Parteien in der neuen Bürgerschaft sind ausschließlich die fünf Stimmen auf den gelben Wahlzetteln entscheidend.

Wer also keine Lust oder keine Zeit hat, sich mit den vielen verschiedenen Kandidaten auseinanderzusetzen – der lässt es einfach. Der einzige Mehraufwand im aktuellen System besteht darin, dass man nicht eines, sondern fünf Kreuze bei einer Partei machen muss. Die Möglichkeiten des Wahlrechts werden aber von vielen gerne genutzt. Oft stand ich noch grübelnd in der Wahlkabine und neigte hin und her zwischen zwei Parteien. Und weil ich meine Stimme nicht teilen durfte, habe ich mich mit Bauchgrimmen schließlich für eine entschieden.

Jetzt kann ich beispielsweise der einen drei und der anderen zwei Stimmen geben. Was für ein Fortschritt! Und ich bin nicht mehr gezwungen, die allzu häufig ausgekungelten Listen-Rangfolgen der Parteien zu schlucken. Wenn mir nun also die Person auf Platz 46 am meisten zusagt, kann ich ihr meine Stimmen geben – die Wähler können jemanden ins Parlament hieven, der parteiintern chancenlos war. Was für ein Fortschritt! Und schließlich kann ich in meinem Wahlkreis mehrere Menschen aus verschiedenen Parteien wählen, wenn ich es denn möchte. Was für ein Fortschritt!

Nein, es gibt keine wirklich überzeugenden Gründe, zum alten, starren Wahlrecht zurückzukehren. Es wäre eine Entmündigung der Wähler. Das Wahlrecht ist gut, so wie es ist. Denn jeder kann es sich einfach machen – er muss es aber nicht.