Es gibt nicht wenige Hamburger, die in diesen Tagen das Hamburger Abendblatt telefonisch oder direkt um Rat ersuchen. Geschäftsführer sind dabei, Künstler, ja sogar Journalisten. Ihr gemeinsames Problem: Die Briefwahlunterlagen, die derzeit in tausenden Haushalten eintreffen, und die mindestens so viele Menschen zur Verzweiflung treiben. Die Verwirrung ob der vielen Seiten und Ankreuzmöglichkeiten ist groß, der Erklärungsbedarf auch. Und es ist zu befürchten, dass nicht wenigen Hamburgern die Lust am Wählen relativ schnell vergeht. Was eine Katastrophe wäre in Zeiten, in denen wir für jeden dankbar sein sollten/müssen, der bereit ist, sich an demokratischen Prozessen zu beteiligen.

Die Teilnahme an einer Wahl muss nicht nur gleich, gerecht und geheim, sie muss auch einfach sein, am besten kinderleicht. Eben so, dass wirklich jeder schnell und ohne Vorkenntnisse verstehen kann, was er machen muss und welche Folgen seine Stimmabgabe hat. Das Hamburger Wahlrecht wird diesen Anforderungen in keiner Weise gerecht. Die Stimmzettel sind überladen, zu komplex und kompliziert, sie können zu Enttäuschungen und Frust führen, die wir angesichts der sowieso vorhandenen Politverdrossenheit nicht gebrauchen können. Deshalb kann man nur hoffen, dass am 15. Februar in dieser Form zum letzten Mal über die Hamburger Bürgerschaft abgestimmt wird. Bis zur nächsten Wahl in fünf Jahren muss ein neues, ein klares und gut verständliches Wahlrecht her, eines, das nicht abschreckt, sondern anlockt.

Für die Politik gilt das gleiche Prinzip wie für alle Bereiche des täglichen Lebens: Je einfacher die Handhabung, desto mehr Menschen erreicht man. Das beweisen die Smartphones und Tablets genauso wie etwa der Wahl-o-mat, der auch deshalb von so vielen genutzt wird, weil er selbsterklärend ist und Spaß macht. Genau das muss das Ziel bei der Vorbereitung und Planung einer Bürgerschaftswahl sein, gerade in Zeiten, in denen schon die Auseinandersetzung mit politischen Inhalten anstrengend genug sein kann.

Kommt hinzu, dass das jetzige System zu seltsamen Entwicklungen führt, weil die Kreuze bei den Kandidaten zum Beispiel oft danach verteilt werden, wer einen angesehenen Beruf ausübt oder wer in einem bestimmten Stadtteil lebt. Das kann natürlich nicht ernsthaft die Grundlage einer politischen Entscheidung sein. Zumal ja vor kurzem bekannt wurde, dass einige Kandidaten Berufsbezeichnungen angeben, die mit ihrer tatsächlichen Tätigkeit nichts zu tun haben. Wer sich im Wochenendkursus zum Sanitäter ausbilden lässt und das als Beruf auf den Wahlzettel schreiben darf, der hat bewiesen, dass dieses Wahlrecht alles ist – aber mit Sicherheit nicht das richtige für eine Gesellschaft, die um die Legitimation der Demokratie kämpfen muss.