Die Preise sinken leicht. Ein Grund zur Panik ist das nicht

Nun geht es wieder um in den Köpfen der Kassandra-Rufer: das Gespenst der Deflation. Die Lebenshaltungskosten in der Euro-Zone sind das erste Mal seit fünf Jahren gesunken – um 0,2 Prozent. Erinnerungen an die Hyperdeflation während der Weltwirtschaftskrise 1929 werden von vermeintlichen Experten geweckt, obwohl sie damals noch gar nicht geboren waren. Um es vorwegzunehmen: Der Vergleich der heutigen Situation mit 1929 ist unseriös. Damals führten eine massive Überproduktion von Gütern nach dem Ersten Weltkrieg, ein Börsencrash in den USA und die restriktive Geldpolitik der US-Notenbank zur globalen Deflation.

Heute ist die ökonomische Situation eine komplett andere. Zum einen ist Europa längst nicht mehr so abhängig von wirtschaftspolitischen Entscheidungen jenseits des Atlantiks. Zum anderen senkt die Europäische Notenbank nicht die Geldmenge, sondern weitet sie über den Ankauf von Staatsanleihen massiv aus und wirkt damit einer Deflation entgegen.

Der Grund für den aktuellen Stillstand der Geldentwertung ist zudem ausschließlich auf den starken Rückgang der Energiepreise zurückzuführen. Sie sind im Jahresvergleich um 6,3 Prozent gesunken. Und dies ist eine gute Nachricht für alle Verbraucher und Einzelhändler in der Euro-Zone. Schließlich können die Menschen nun das Geld, welches sie an den Tankstellen und bei der Heizkostenrechnung sparen, in den Konsum stecken. Die Theorie der Deflations-Apokalyptiker hat mit der aktuellen Praxis nichts zu tun. Laut Lehrbuch ist eine Deflation deshalb so gefährlich, weil Konsumenten ihr Geld zurücklegen in der Hoffnung, dass die Preise für Produkte weiter sinken werden. Erst dann würde die Produktion ins Stocken geraten und die Zahl der Arbeitslosen wie 1929 drastisch steigen. Die Euro-Zone insgesamt – vor allem Deutschland – ist von diesem Szenario Lichtjahre entfernt.

Gelassenheit und Optimismus mit Blick auf die Preisentwicklung würde den Bundesbürgern guttun. Mehr Geld zum Einkaufen im Portemonnaie und keine Wutausbrüche beim Tanken – es gibt wirklich schlechtere Nachrichten zum Jahresstart.