Was der neue Investor und Weiterbau des Überseequartiers für die Stadt bedeuten

Das Überseequartier in der HafenCity sollte längst das kommerzielle Herz des neuen Stadtteils sein. Hier sollten große Geschäfte Kunden bringen, internationales Flair durch internationale Marken entstehen. Doch die Finanzkrise kam dazwischen, beteiligte Banken wurden nervös – oder hatten selbst mit sich genug zu tun. Seit immerhin 2010 stockt daher nun schon der Weiterbau an dem entscheidenden Teilstück an der Elbe. Wenn nun ein neuer großer Investor gefunden wurde, der dort das lange geplante Einkaufsviertel bauen und auch langfristig betreiben will, ist das wohl wirklich eine gute Nachricht für die Stadt.

Ohne Zweifel war es für die HafenCity ein wichtiger „Durchbruch“, den Bürgermeister Olaf Scholz da am Freitag mit einer Pressekonferenz im schönen Bürgermeistersaal des Rathauses verkünden konnte. Bemerkenswert dabei: Obwohl es das wichtigste stadtentwicklungspolitische Projekt der Stadt ist, waren weder die zuständige Senatorin noch der Oberbaudirektor dabei. Scholz selbst hatte die zähen Verhandlungen wie schon bei der Elbphilharmonie zur Chefsache gemacht. Und konnte die gute Nachricht nun im Wahlkampf verkünden.

Tatsächlich hatte es aber ziemlich lange gedauert, bis hier eine Lösung gefunden werden konnte. Der schwarz-grüne Vorgängersenat hatte es noch mit Mietgarantien versucht, mit denen Banken positiv auf das Projekt eingestimmt werden sollten. Behörden sollten dort einziehen, so der alte Plan. Von einer „Initialzündung“ war seinerzeit die Rede. Die verpuffte dann aber doch recht klanglos erwies sich allenfalls als erneute Fehlzündung für diesen Teil der HafenCity. Denn der Nordteil des Überseequartiers ist lange gebaut, viele Geschäfte dort schon lange eingezogen. Doch diese kleine Einkaufsmeile reicht offensichtlich nicht aus, um die HafenCity als zentralen Einkaufsort in den Köpfen ihrer Besucher zu verankern. Man kauft hier eher einen Kaffee oder ein Eis, keine teuren Klamotten. Die Folge: Erste Geschäfte mussten bereits Insolvenz anmelden. Für sie kommt der neue Investor bereits zu spät.

Besucher und Bewohner der HafenCity bringen heute höchstens 30 Prozent des Umsatzes, den die Geschäfte dort bräuchten, heißt es in internen Studien. Es fehle die „kritische Masse“ an Geschäften, die das alte Hafenareal zu einem wirklichen Einkaufsort wie die nahe Mönckebergstraße machen könnte. Mit dem neuen Konzept für die neuen Investoren wird dies nun sicher möglich sein. So sind jetzt auch Wohnungen dort geplant und weniger Büroflächen.

Entscheidend ist aber ein anderer Punkt: Die Stadt ermöglicht dem neuen Investor deutlich mehr Einzelhandelsfläche als vorher: Statt 40.000 Quadratmeter wie zunächst geplant kann der Investor Unibail-Rodamco nun sogar 80.500 vermieten. Wirklich eine „kritische Masse“ Denn die Verkaufsfläche der Innenstadt samt HafenCity würde sich damit um etwa ein Viertel erhöhen. Und das wäre nicht die einzige Vergrößerung der schönen neuen Hamburger Shopping-Welt. Gerade sind neben dem Rathaus und an der Stadthausbrücke neue Einkaufskomplexe im Bau. Ob die Stadt so viel schafft? Das wird sicher eine Frage von Konkurrenz und Nachfrage sein. Aber es wäre fatal, wenn sich aus zwei konkurrierenden Innenstadtlagen schließlich ein Verlierer entwickelt, der von der Stadt dauernd aufgepäppelt werden muss. Zentrale Aufgabe in der Zukunft müsste also sein, dass beide Teile zu einer einzigen Innenstadt zusammenwachsen. Eine optische und auch psychologische Schneise bildet dabei die frühere Ost-West-Straße Hier, an der Nahtstelle zwischen dem neuen und dem alten Hamburg, gibt es noch viel zu tun, damit das Überseequartier zum Erfolg wird – ohne der jetzigen Innenstadt zu schaden.