Das Streben nach einer Regierungsbeteiligung ist groß

Die Hamburger Grünen sind weit entfernt von den Richtungskämpfen vergangener Jahrzehnte, inhaltlich und personell ist die Einigkeit sogar so groß wie wohl selten zuvor in der Parteigeschichte. Mit den Spitzenkandidaten Katharina Fegebank und Jens Kerstan stehen zwei Politiker an der Spitze, die in ihren Funktionen schon einige Erfahrung sammeln konnten, aber dennoch längst nicht zu einer erschöpften alten Garde gehören. Das klingt nach einem Wahlkampf, der wie gemalt sein könnte für eine Oppositionspartei – aber tatsächlich dokumentiert das beschriebene Szenario nur den äußeren Schein. Tatsächlich nämlich geht es dem Hamburger Landesverband der Grünen kaum anders als der Bundespartei: das große eigene Thema, an dem sich auch mal die anderen abarbeiten müssen, fehlt.

Für den Einzug auf die Senatsbänke nach der Wahl im Februar bleibt die Hoffnung, in den kommenden Wochen keine großen Fehler zu machen, um so im Erwartungskorridor von elf, zwölf Prozent der Stimmen zu landen. Dann muss nur noch die SPD ausreichend Federn lassen und auf einen Koalitionspartner angewiesen sein. Bürgermeister Olaf Scholz hat mehrfach betont, dann zuerst mit den Grünen verhandeln zu wollen, und die Erfahrungen mit ihm in den vergangenen Jahren zeigen, dass solche Sätze nicht einfach so dahingesprochen werden. Der Senatschef wird, wenn es das Ergebnis erforderlich macht, auf eine stabile Mehrheit setzen wollen – und im Programm der Grünen gibt es keinen Punkt, der eine Koalition unmöglich machen würde.

Die leicht sperrige Grandezza, die aus einigen Aussagen des grünen Spitzenpersonals in Bezug auf die Scholz-Offerte herauszuhören ist, ist wenig anderes als ein taktisches Manöver, ein krampfhafter Versuch der Abgrenzung, um im Wahlkampf nicht als willfähriger Kuschelpartner der SPD zu gelten. Nach den Wahlen beginnt aber eine fünf Jahre dauernde Legislaturperiode, und es müsste schon Ungeheuerliches vorfallen, damit die Führung der Grünen ihrer Basis erklären kann, warum es besser wäre, in der Opposition zu verharren.