Wohnen und Gewerbe rücken wieder näher zusammen

Visionen sind meist etwas Gutes. Ein Glück, das Hamburgs früherer Bürgermeister Henning Voscherau die Vorstellungskraft von einem ganz neuen Stadtteil im ehemaligem Hafengebiet hatte. Ohne sie würde es die HafenCity heute nicht geben und Hamburg wäre um vieles ärmer.

Ganz so groß sind die Pläne zur Entwicklung von Hamburgs Osten zwar nicht, die Bürgermeister Olaf Scholz am Dienstag vorstellte. Aber mit dem Bau von bis zu 20.000 Wohnungen und der Ansiedlung moderner Unternehmen hat sich der SPD-Senat einiges vorgenommen. Das alles ohne Verdrängung und Mietenanstieg hinbekommen zu wollen, macht die Sache nicht einfacher. Und sicher wird noch manche Idee zerredet werden. Trotzdem ist es gut, wenn die politisch Verantwortlichen handeln.

Olaf Scholz und sein Senat packen Stadtentwicklung offensiv an. Der Zuwanderung von überwiegend jungen, gut ausgebildeten Menschen begegnen sie mit der Idee, in den Grenzen Hamburgs attraktive Wohnbedingungen zu schaffen. Der Osten der Hansestadt bietet großes Potenzial. Politik muss, auch wenn am Ende sich nicht alles umsetzen lässt, versuchen, diese Leistungskraft zu aktivieren.

Natürlich wird nicht jeder glücklich sein, wenn die Grünfläche nebenan einem Wohnhaus weichen muss. Aber das Versprechen, angestammte Mieter nicht durch explodierende Mieten zu vertreiben, dass Scholz also die Sozialverträglichkeit des Wandlungsprozesses im Blick hat, könnte den Widerstand vor Ort verringern.

Fast schon revolutionär ist Scholz’ Plädoyer für ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Wohnen und Gewerbe. Der technologische Fortschritt lässt heute Produktionsmethoden zu, die weniger Lärm verursachen und die Umwelt weniger belasten. Insofern gehört die absolute Trennung von Wohn- und Gewerbegebieten der Vergangenheit an. In der Praxis, die kritischen Bemerkungen aus der Handelskammer belegen es, werden in dieser Frage noch dicke Bretter gebohrt werden müssen. Scholz wird dabei nicht nur auf die Unternehmen zugehen, sondern auch versuchen müssen, überzogene Behördenvorgaben zu entschärfen.