Wohnen und Gewerbe nebeneinander: Das Konzept zur Entwicklung des Hamburger Ostens soll neue Einwohner und neue Unternehmen anlocken

Hamburg. Die Stimmung von Olaf Scholz war richtig gut. Er habe sich schon seit längerer Zeit auf diesen Termin gefreut, erzählte der Bürgermeister am Dienstag aufgeräumt im kleineren Kreis. Kurz zuvor hatte er der Öffentlichkeit die Idee von der Entwicklung des Hamburger Ostens vorgestellt.

Scholz’ Freude ist nachvollziehbar, denn Konzepte für die Zukunft zu präsentieren gehört zu den angenehmeren Aufgaben eines Politikers. Zwar hatte Scholz schon im April in einem Interview mit dem Abendblatt erklärt, sein Senat wolle Stadtteile wie Hamm, Horn, Billstedt und Rothenburgsort attraktiver machen. Am Dienstag folgte nun der inhaltliche Aufschlag, sozusagen der Auftakt für eine umfassende Diskussion in den Stadtvierteln.

Bis zu 20.000 Wohnungen sollen in dem Areal, das in etwa vom Hauptbahnhof bis nach Mümmelmannsberg reicht, innerhalb der kommenden zehn Jahre gebaut werden. Die Zentren von Billstedt, Horn und Mümmelmannsberg würden durch private und öffentliche Investitionen aufgewertet, versprechen die Pläne. Geld werde in Bildungs- und Kultureinrichtungen fließen sowie in eine bessere Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr.

Auch für die Ansiedlung von Unternehmen scheue man keine Mühe, sagte Scholz. Derzeit siedeln in Hamburgs Osten rund 800 Unternehmen mit reichlich Arbeitsplätzen. Mit eindringlichen Worten lobte Oberbaudirektor Jörn Walter die Pläne, auf dem Gelände des ehemaligen Huckepackbahnhofs in Rothenburgsort eine „Speicherstadt des 21. Jahrhunderts“ zu errichten.

Dass auf dem Gelände, das zwischen einer Bahntrasse und mehreren Hauptverkehrsstraßen liegt, der Opernfundus angesiedelt werden solle, ist zwar schon bekannt. Doch Walter erhofft sich nun, dass ein Gewerbegebiet in einzigartiger Qualität entsteht. Beispiel dafür sollen bis zu sechsgeschossige Gewerbebauten sein, die an ihre Vorbilder in der Speicherstadt erinnern sollen und im Laufe der Zeit unterschiedlich genutzt werden könnten.

Sowohl Scholz als auch Walter betonten während der Präsentation mehrmals, wie wichtig die Ansiedlung neuer Unternehmen sei. Dabei meinten beide nicht nur Unternehmen der Dienstleistungs- oder der Kreativbranche. Scholz kann sich auch Industrieunternehmen vorstellen, wohl wissend, dass die geltenden strengen Lärmschutz- und Umweltgesetze das Nebeneinander von Wohnen und Arbeiten nicht leicht machen.

Es müsse aber auch heute möglich sein, in attraktiven Stadtteilen Gewerbegebiete auszuweisen, betonte der Senatschef. Der Oberbaudirektor hofft, dass sich durch die Ansiedlung von Unternehmen oder die Erweiterung bestehender Betriebe das Image des einen oder anderen Stadtviertels im Osten verbessert.

Der Opposition blieb bei so viel Optimismus nicht viel Platz zur Kritik

Scholz und Walter schwärmten von den Grünflächen und den charmanten Wasserlagen, die Hamburgs Osten zuhauf bietet. Zugleich beklagten beide, dass dieses Potenzial derzeit viel zu wenig genutzt werde. Formulierungen wie „Wegeverbindungen herstellen“ oder „Grünzüge schaffen“ fielen mehrfach. Hier werde das Konzept „Stromaufwärts an Elbe und Bille“ Abhilfe schaffen. „Ich bin überzeugt, dass es grüner und besser wird“, sagte Scholz.

Der Opposition in der Bürgerschaft blieb angesichts von so viel Optimismus nicht viel Platz zur Kritik. „Die Vorschläge von Bürgermeister Olaf Scholz zur Entwicklung des Hamburger Ostens sind im Grundsatz ein Schritt in die richtige Richtung“, sagte FDP-Fraktionschefin Katja Suding. Zugleich mahnte sie eine sorgfältige Abwägung zwischen Wohnquartieren und Gewerbegebieten an. „Die Stadt muss Bedenken ernst nehmen und eine Bürgerbeteiligung nicht nur simulieren.“

Auch die stadtentwicklungspolitische Sprecherin der Linken, Heike Sudman, begrüßte es, „den Blick endlich auf diese Stadtteile zu richten“. Sie fürchtet lediglich, dass mit dem Bau neuer Wohnungen „Tausende alteingesessene Bewohner vertrieben werden“. Der baupolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Hans-Detlef Roock, verwies darauf, dass viele Projekte schon seit Jahren liefen. „Nur weil der Bürgermeister heute ein neues Schleifchen drumgebunden hat, ist das Konzept nicht neu.“