Für den Frieden in der Ukraine wird ihn der neue Präsident noch ändern müssen

Petro Poroschenko hat einen Plan. Das unterscheidet ihn schon einmal wohltuend von seinen Vorgängern im ukrainischen Präsidentenamt, die hauptsächlich mit Bereicherung und Vetternwirtschaft statt durch die Entwicklung ihres Landes zu einem prosperierenden – oder wenigstens funktionierenden – Gemeinwesen aufgefallen sind. Dieses herauszubilden ist die große Aufgabe des neuen Staatsoberhauptes in Kiew. Er muss sie dank der Versäumnisse seiner Vorgänger mit 25 Jahren Verspätung beginnen. Und er beginnt sie mitten in der schwersten Krise des jungen Landes. Aber vielleicht hat ja die – inklusive der Abtrennung der Halbinsel Krim durch Russland – erst dazu geführt, dass sich so etwas wie ein gesamtstaatliches ukrainisches Empfinden herauszubilden beginnt.

Der Neue in Kiew will nun zunächst das Blutvergießen im separatistisch gesinnten Osten beenden. Im Laufe dieser Woche und wohl eher durch Gespräche denn durch rohe Gewalt. Das zeigt schon einmal einen kleinen Lernerfolg. Im Überschwang seiner Wahl wollte er mit den russophilen Abtrünnigen noch binnen Stunden und mit eiserner Faust aufräumen. Und es bleibt schwierig genug, so etwas wie eine Vertrauensbasis zu den Bewaffneten in Slawjansk, Donjetzk und anderswo aufzubauen, die ernsthafte Gespräche überhaupt erst ermöglichen würde. Ist erst einmal Blut vergossen worden, haben die militanten Freischärler ein von außen schwer zu beeinflussendes Eigenleben entwickelt, ist das ausgesprochen diffizil und mühsam.

Anlass zur Hoffnung bietet da vorerst eher die oberste politische Ebene. Die internationale Diplomatie läuft weiter auf vollen Touren. Ein Gipfeltreffen jagt das nächste. Russlands Präsident Wladimir Putin hat Poroschenko bei den Feierlichkeiten zum D-Day in Frankreich die Hand gereicht. Und er hat jetzt versprochen, die Grenze zur Ukraine besser zu überwachen, damit sich keine Kämpfer aus Russland den ukrainischen Separatisten anschließen. Bisher hat er immer vehement bestritten, überhaupt etwas mit dem Konflikt zu tun zu haben.

Auch der Kremlherrscher will sein Blatt nicht überreizen. Trotz markiger Worte gen Westen ist ihm doch an gedeihlichen Wirtschaftsbeziehungen gelegen. Auch noch so schöne Abkommen mit China können diese nicht nahtlos und schnell ersetzen. Eine außer Kontrolle geratene Soldateska, die im Namen Russlands ein menschenwürdiges Zivilleben in der Ostukraine unmöglich macht, schadet zudem auch seinem Ruf. Zumal auch der eher Moskau zuneigende Teil der Bevölkerung sich mittlerweile nichts sehnlicher als wieder halbwegs geordnete Verhältnisse wünscht.

Und schließlich hat Putin zwei wichtige Ziele erreicht: Erstens hat er die Instrumente gezeigt, mit denen er jederzeit wieder die Ukraine an den Rand des Zerfalls und den Westen zur Weißglut bringen kann, wenn deren Politik diametral gegen Moskauer Interessen laufen sollte. Und zweitens ist die Krim mit ihrem Flottenstützpunkt Sewastopol in russischer Hand.

Das dürfte der nächste Punkt sein, in dem Poroschenko von seinem Ursprungsplan wird abweichen müssen, der eine Rückkehr der Halbinsel zur Ukraine vorsieht. Die Annexion der Krim hat Moskau zwar reichlich diplomatischen Kredit gekostet, und die Angliederung an das russische Verwaltungs- und Infrastruktursystem wird auch noch etliche Milliarden Rubel verschlingen. Seinen Hafen am Schwarzen Meer aber wird Putin aus strategischen und Gründen der Gesichtswahrung nicht wieder hergeben. Und es wird ihn auch kaum jemand dazu zwingen können.

Aber Pläne kann man ja anpassen, optimieren oder schlicht ändern, wenn sie mit der Realität kollidieren, es die Situation erfordert und einem gemeinsamen Erfolg dient.