Mit einer Zurückhaltung bei der Ausbildung produzieren die Unternehmen ihren eigenen Fachkräftemangel.

Während sich der Arbeitsmarkt bundesweit rasant erholt, bewegt er sich in Hamburg kaum. Besonders negativ schlägt zu Buche, dass die Hamburger Wirtschaft offenbar weniger Ausbildungsstellen anmeldet als in der Vergangenheit. Diese Entwicklung ist für die Sozialkassen des Staates schlecht, weil jeder Jugendliche, der nach der Schule keine Lehrstelle findet, sofort in den Bezug von Hartz IV stürzt. Richtiggehend fatal ist es aber für die Wirtschaft selbst, da sie sich die Chancen ihrer eigenen Zukunft verbaut. Deshalb ist es richtig, wenn der Chef der Arbeitsagentur, Sönke Fock, den Finger in diese Wunde legt.

Denn mit einer Zurückhaltung bei der Ausbildung produzieren die Unternehmen ihren eigenen Fachkräftemangel. Und das ist nicht nötig. Denn dass der geeignete Nachwuchs ausbleibt, passiert aufgrund des demografischen Wandels allein. Es ist schon eine Weile her, dass das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) die Auswirkungen der Alterung der Gesellschaft auf den Hamburger Arbeitsmarkt untersucht hat. Die Ergebnisse waren damals beunruhigend, heute, vier Jahre später, sind sie nahezu alarmierend. Demnach wird in Hamburg das Potenzial an Erwerbspersonen spätestens in sechs Jahren anfangen, rapide abzusinken.

Diese Zeit bleibt den Betrieben, sich ihre eigenen Fachkräfte heranzuziehen. Ziehen wir die Ausbildungszeit ab, sind es sogar nur vier Jahre. Das Hamburger Handwerk hat das erkannt und sucht intensiv nach Nachwuchs. Die Betriebe schrauben dabei ihre Erwartungen an die Ausbildungsbewerber etwas herunter. Mag sein, dass dieses auch für die Groß- und Außenhändler gilt. Die große Mehrheit der Unternehmen hat aber noch nicht begriffen, was die Stunde geschlagen hat. Dabei ist die Zeit für die Einstellung von Lehrlingen günstig: Denn die jüngsten Arbeitsmarktzahlen zeigen, dass die Zahl der jugendlichen Bewerber wächst. Für die Unternehmer steigt damit die Auswahl ausbildungswilliger Jugendlicher. Damit sind sie in Hamburg in einer deutlich günstigeren Position als Betriebe in Mecklenburg-Vorpommern oder sogar in Niedersachsen. Sie sollten die Chance nutzen.