Frank-Walter Steinmeier hat dem Amt des Außenministers die Würde zurückgegeben

Einen besseren Ehrengast hätte man sich beim Matthiae-Mahl am Freitagabend nicht vorstellen können: Frank-Walter Steinmeier ist der deutsche Politiker der Stunde. Eben noch erfolgreicher und mutiger Ermittler im sich anbahnenden Bürgerkrieg kam der Außenminister fast direkt aus Kiew nach Hamburg, auch wenn jeder verstanden hätte, wenn er seine Teilnahme an der historischen Mahlzeit angesichts der aktuellen Ereignisse in der Ukraine abgesagt hätte. Steinmeiers Besuch war der Höhepunkt des Abends, ein Glücksfall für die Organisatoren im Rathaus.

Denn als sie Steinmeier einluden, konnte niemand damit rechnen, dass der aktuell beliebteste Politiker der Republik in die Hansestadt kommen würde, der Mann, der dem Amt des Außenministers in wenigen Wochen seine Würde zurückgegeben hat. Und der große, um nicht zu sagen einzige Gewinner der neuen Koalition. Der SPD-Politiker hat seit seiner Rückkehr ins Auswärtige Amt vieles richtig gemacht, vor allem hat er aber all jene widerlegt, die am Ende der Ära Guido Westerwelle (FDP) dem Außenminister einen Bedeutungsverlust attestiert hatten.

Heute kann man sagen: Unter seinem Vorgänger mag das so gewesen sein, unter Steinmeier ist die Position wieder zur wichtigsten neben der Kanzlerin geworden. Dessen Popularität sagt deshalb auch einiges über Westerwelle aus, der mit dem Amt, wie es intern nur genannt wird, gefremdelt hatte – und umgekehrt. Während der frühere FDP-Frontmann dachte, die riesige Behörde könne froh sein, dass er an ihrer Spitze steht, weiß Steinmeier, dass das Gegenteil richtig ist. Wer einer Gruppe von Diplomaten vorsteht, muss zuallererst selbst einer sein – und damit zurückhaltend, integer, sich der Rolle und Geschichte des Amtes bewusst. So wie der aktuelle Minister, der von den Kollegen in Berlin aufgenommen wurde wie ein verlorener Sohn. Frank-Walter Steinmeier profitiert natürlich davon, dass er schon einmal Außenminister war, aber vor allem hilft ihm, dass er damals einen guten Job gemacht hat. Und heute? Als wäre er nie aus dem Amt gewesen, tritt er souverän in schwierigen außenpolitischen Zeiten auf, gibt zuletzt in Kiew ein Bild ab, das man Guido Westerwelle nicht zugetraut hätte. Keine Frage: Steinmeier ist aufgrund seiner Art und seiner Biografie die Idealbesetzung für den Posten, der spätestens seit Hans-Dietrich Genscher als besonderer in der Regierung wahrgenommen wurde. Wie Genscher hat Steinmeier dabei den Vorteil, dass er dem Kanzler nicht gefährlich werden kann/gefährlich werden will. So gut der SPD-Mann ob seiner geschilderten Eigenschaften als oberster Diplomat geeignet ist, so wenig würde er im Kanzleramt glücklich werden. Was angesichts seiner gescheiterten Kandidatur vor vier Jahren auch nicht mehr bewiesen werden muss.

Wahrscheinlich sind im aktuellen Kabinett nur Angela Merkel und Wolfgang Schäuble für ihre Ämter derart geeignet wie Steinmeier – und das, obwohl er eine Behörde führt, die an Komplexität kaum zu überbieten ist. Der Vorteil des neuen, alten Ministers ist, dass er weiß, wer wichtig ist, wem und vor allem dass er zuhören muss. Das Amt hat für alle Regionen dieser Welt Experten, und ein Außenminister kann gar nicht scheitern, wenn er sich deren Kompetenz und Netzwerke zunutze macht. Was übrigens gern gesehen wird: Wahrscheinlich gibt es wenige andere Behörden, in denen Mitarbeiter ihrem Chef derart umfassend zuarbeiten und sich freuen, wenn er von einem Großteil der Wähler geschätzt wird. Vorausgesetzt, er tut dann nicht so, als sei das allein sein Verdienst.

Diese Gefahr besteht bei Frank-Walter Steinmeier nicht. Er hat seinen Traumjob gefunden. Und die Bundesrepublik Deutschland endlich wieder einen echten Außenminister.