Ein paar Zentimeter Schnee überfordern die Hansestadt.

Es bedarf nicht vieler Schneeflocken, um eine Millionenmetropole aufgeregt und überrascht zurückzulassen. An den Meteorologen hat es dieses Mal nicht gelegen – die haben den leichten Schneefall schon seit Tagen vorhergesagt. Nur sind wir auf Winter nicht mehr vorbereitet. Die deutsche Infrastruktur beispielsweise fährt seit Langem auf Felge. Weil zu wenig investiert wird, Straßen und Schienen marode sind, führen schon winzige Störungen zu großen Problemen. Da reichen wenige Zentimeter Schnee, um kilometerlange Staus auszulösen – oder den öffentlichen Nahverkehr auszubremsen.

Auch Zweifel an der Winterfestigkeit vieler Hamburger sind erlaubt: Schnee und Frost sind Charakteristika der Jahreszeit, obwohl einige milde Winter im letzten Jahrzehnt diese Lebenserfahrung überlagert haben: Schnee schaufeln, festes Schuhwerk und ein paar Minuten mehr auf dem Arbeitsweg einzukalkulieren würden dem Winter viel von seinem Schrecken nehmen. Schlagzeilen in Onlinemedien mögen „starken Schneefall“ vermelden, Schwatz-Elsen auf Facebook vom „Chaos“ raunen, es ist und bleibt nur: Winter.

Ohnehin empören wir uns lieber über das Wetter, als einfach darauf zu reagieren: Wer durch Hamburg läuft, sieht viele ungeräumte Fußwege, eingeschneite Radrouten, vereiste Treppen. Während die Stadtreinigung und der HVV das Problem zuletzt besser in den Griff bekommen haben, ändert sich in privatem Bereich nur wenig. Die Pflicht, Wege zu räumen und zu streuen, wird gern vergessen – entweder hat man auch diese Aufgabe an Dienstleister „outgesourct“ oder fühlt sich nicht zuständig.

Bei einer Wetterlage, die tagsüber den Schnee tauen und die Nässe in der darauffolgenden Nacht gefrieren lässt, ist diese Verantwortungslosigkeit verantwortungslos. Sie verwandelt Teile der Stadt gerade für alte und gebrechliche Hamburger in ein Gefahrengebiet – sie verlassen das Haus nicht mehr aus Angst zu stürzen. Dieses Gefahrengebiet schafft es nicht in internationale Medien, ein mindestens so großes Ärgernis ist es doch: Hier geht es nicht um einen Polizeifehler, sondern um breites Bürgerversagen.