Wer stoppt die gefährliche Eskalation in der Ukraine?

Es ist die Semantik der Autokraten: Der „Agent“, vom Ausland gesteuert, zettelt die Revolte an. Der Agent, nicht das eigene Volk, stiftet Unruhe. Es ist eine Rhetorik, die sich eingeschrieben hat in die Geschichte Osteuropas – es ist eine Verleumdungsstrategie, die unter den russischen Zaren ihre ersten Opfer fand, die unter Diktator Stalin Schauprozesse zur Folge hatte. Auch der aktuelle Zar Wladimir I. Putin eifert über angebliche Verschwörungen von Ausländern, die die Stabilität Russlands bedrohten.

Und nun die Ukraine.

Die Regierung um den pro-russischen Präsidenten Viktor Janukowitsch schwingt Parolen gegen die Demonstranten, die „von ausländischen Kräften angestiftet“ seien. Das Demonstrationsrecht wird verschärft. Der Polizei stehen wütende Demonstranten hinter Barrikaden gegenüber. Nun gab es die ersten Toten unter den Regimegegnern. Aus dem mutigen Aufbruch gegen die Putinisierung der Ukraine ist Hass und Gewalt gewachsen – auf beiden Seiten. Doch beängstigend ist vor allem die Aufrüstung des ukrainischen Sicherheitsapparats. Der Geheimdienst erstellt Listen mit unliebsamen Ausländern, heißt es. Eine gefährliche Eskalation.

Dennoch: Ein Bürgerkrieg sollte nicht herbeigeschrien werden. Was die Ukraine braucht, ist eine politische Lösung. Doch die ist nicht einfach zu stricken – die Fäden laufen auseinander. Das bekommt nun vor allem Vitali Klitschko, Profiboxer und Gesicht der Opposition, zu spüren.

Intern wird vielen Demonstranten klar: Auch Klitschko gelingt es nicht, die zerstrittene Opposition zu einen. Die parlamentarischen Parteien, nationalistische Verbindungen, die Protestler, die sich über die sozialen Netzwerke verabreden und keinem Bündnis angehören – sie alle stehen auf der Straße.

Aber sie stehen dort nicht geschlossen Seite an Seite. Doch genau das ist notwendig, um den Druck gegen die pro-russische Regierung aufrechtzuerhalten. Denn an der Seite Janukowitschs steht ungebrochen der große Bruder Putin.