Die Koalition aus SPD und Grünen ein Jahr nach der Wahl in Niedersachsen

Der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil ist ein betont unaufgeregter Mann. So gelassen, wie er am Abend mit der bei der Landtagswahl anfangs absehbar scheinenden knappen Niederlage umging, so gelassen hat er dann auch das Amt angetreten, als es eben doch reichte für den Machtwechsel, auf den Tag genau vor einem Jahr. Rot-Grün hat danach Wort gehalten bei einer ganzen Reihe von Wahlversprechen. Die Abschaffung der Studiengebühren, mehr Geld für mehr und bessere Ganztagsschulen und andere bildungspolitische Projekte, eine deutlich stärker an humanitären Gesichtspunkten orientierte Flüchtlingspolitik.

Dennoch wirkt die neue Landesregierung bereits seltsam zögerlich: Viele Reformen wie die versprochene neue Förderpolitik vor allem für schwächelnde Regionen, aber auch bei der Frage einer Rückkehr der Gymnasien zum Abitur nach neun Jahren wurden auf die lange Bank eines Dialogprozesses geschoben. Und auch der Umgang mit den Betroffenen beim Neuzuschnitt von Behörden oder der den Gymnasiallehrern verordneten längeren Arbeitszeit zeugt nicht von der Absicht, einen echten Dialog zu führen. Da wird genauso durchregiert wie bei der Verkürzung der Wahlperiode für die Hauptverwaltungsbeamten auf kommunaler Ebene.

Und gänzlich ambitionslos sind SPD und Grüne im Umgang mit dem Geld. Die Nettoneuverschuldung wurde sogar angehoben, immer verbunden mit Gejammer über den von CDU und FDP vermeintlich hinterlassenen Scherbenhaufen. Verblüffend dabei die Ungeniertheit, mit der sogar ein Stellenaufbau in der Bürokratie betrieben wurde, der vor allem dazu dient, die Machtposition des Ministerpräsidenten abzusichern durch Aufblähung der Staatskanzlei.

Immerhin: Die SPD hat einen unangefochtenen Spitzenmann, der Tempo und Richtung vorgibt. Die CDU dagegen wirkt desorientiert. Nach dem absehbaren Abgang von David McAllister ins Europaparlament wird erst richtig deutlich werden, wie knapp die personelle Decke inzwischen ist. Mag also durchaus sein, dass McAllister zur nächsten Landtagswahl Wiederauferstehung feiert als Spitzenkandidat.