Künstler verdienen viel zu oft weniger, als ihre Arbeit wert ist

Die meisten Künstler, ob sie nun in Opern singen, durch Musicals tanzen, auf Schauspielbühnen stehen, Leinwände bemalen oder Romane schreiben, haben einen unfairen Zweitberuf: Überlebenskünstler. Sobald das Rampenlicht angeht, werden sie vom zahlenden Publikum verehrt, beklatscht, gefeiert. Immer nur lächeln und immer vergnügt? Von wegen. Denn wenn die Scheinwerfer ausgehen, wird es dramatisch finster, weil für sehr viele von ihnen der Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde ein schöner Traum ist und wohl auch bleibt. Viel zu oft werden geradezu menschenverachtend niedrige Gagen aufgezwungen, und wer für diesen Hungerlohn nach jahrelangem Studium nicht proben, anreisen und rackern will – bitte schön, kein Problem, an jeder Theaterecke findet sich jede Menge Konkurrenz, die sich solche Skrupel auf eigene Kosten verkneift.

Die österreichische Mezzosopranistin Elisabeth Kulman, die an diesem Sonntag als Carmen in der Staatsoper auf der Bühne steht, hat sich vor etwa einem Jahr getraut, „So nicht!“ zu sagen. Sie hat mit der „Art-but-fair“-Initiative und einer gut besuchten Facebook-Seite enthüllt, was bislang vor allem Kantinengreinen war und weit abseits der öffentlichen Wahrnehmung. Sie hat sich mit Alexander Pereira, dem mächtigen Chef der Salzburger Festspiele, angelegt, weil der für Proben nicht zahlen wollte und vier „Falstaff“-Vorstellungen in fünf Tagen ansetzte, obwohl er genau weiß, dass solche Belastungen der reine Stimmband-Wahnsinn sind. Kulman berichtet von passwortgesicherten Gagenlisten im Internet und dass es bei Intendantentreffen zugehe wie auf dem Viehmarkt, sobald Honorarsätze angesprochen werden. Diese Runden des harten, zähen Kampfs um Anerkennung haben Kulman und ihre Mit-Revolutionäre gewonnen. Viele andere, an großen Häusern ebenso wie an Provinzbühnen, werden noch folgen müssen, bis in der Kulturnation Deutschland ein Zustand erreicht wird, der auch nur halbwegs das Wort „gerecht“ verdient. Was nicht kostet, taugt auch nichts, heißt es doch gern. Richtiger und anständiger wäre: Wer Künstler nicht angemessen bezahlen will, taugt erst recht nichts.