Teilzeit-Soldaten: Die Bundeswehr-Reformpläne der Bundesverteidigungsministerin sind richtig, aber unvollständig

Die jüngst ins Auge gefasste Reform der Bundeswehr wird zur Abwechslung mal eine sein, die auf die Zustimmung Tausender Soldaten und Soldatinnen stoßen wird. Die Offensive der neuen Ministerin Ursula von der Leyen Richtung Krabbelgruppen, Tagesmütter, Teilzeitarbeit und seltenerer Versetzungen ist geeignet, den oft schwierigen und entbehrungsreichen Berufsalltag in der Bundeswehr etwas verträglicher zu gestalten. Die Bundeswehr ist ein wichtiger Teil der Gesellschaft und sollte daher auch nicht von gesellschaftlichen Entwicklungen abgekoppelt sein. In der Tat gibt es nicht wenige fähige Soldaten, die eine Fortführung ihrer Karriere scheuen, weil dies mit einer Versetzung alle zwei Jahre verbunden ist. Was dieser Wanderzirkus bedeutet, wenn der Partner einen Job am Standort gefunden hat und die Kinder fest in Schule und Freundeskreis integriert sind, kann sich jeder ausmalen.

Der Haken an dem durchaus positiven Vorstoß der dynamischen Ministerin ist, dass er die Behebung der zum Teil gravierenden Probleme der Bundeswehr vom Schwanz her aufzäumt. Vor allem seit 1990 ist das deutsche Militär Opfer von allerlei Reformen, Einsparungswellen, Reduzierungen, Standortschließungen und unglaublicher Fehlleistungen der Führung geworden. Allein die Verkleinerungen: Verfügte die Bundeswehr 1990 noch über 495.000 Soldaten und 170.000 zivile Mitarbeiter und umfasste die einst 170.000 Mann starke NVA noch knapp 90.000 Soldaten mit 47.000 zivilen Mitarbeitern, so bestand die vereinigte Armee dann nur noch aus 370.000 Personen, die nach und nach auf nunmehr 184.000 Soldaten mit 70.000 zivilen Mitarbeitern schrumpfte – während das Aufgabenfeld dramatisch ausgeweitet wurde. Die Wehrpflicht wurde derweil von 15 Monaten erst auf zwölf, dann auf neun abgesenkt und schließlich ganz ausgesetzt. Seit 2003 sind aber Kriseneinsätze und Anti-Terror-Kampf die Hauptaufgabe der einstigen Verteidigungsarmee. Doch da die Politik sich jahrelang nicht traute, einen Krieg auch einen Krieg zu nennen, wurde die Bundeswehr in gefährliche Einsätze ohne jene Bewaffnung geschickt, die anderen Einsatzarmeen zur Verfügung steht: Kampfpanzer-, -hubschrauber und -jets, Artillerie, bewaffnete Drohnen etc. Stattdessen wurde die Beschaffung geeigneter Waffensysteme zu einem Parademarsch der Inkompetenz. Das Transportflugzeug M-400 wurde erbärmlich unterdimensioniert entworfen – es kann nicht mal einen Leopard-2-Panzer schleppen – und steht immer noch nicht zur Verfügung. Das Standardgewehr G-36 versagte kläglich bei Dauerbelastung im Gefecht. Und der Kampfhubschrauber „Tiger“ kommt für Afghanistan viel zu spät und wurde unbeirrt vorrangig zur Abwehr von riesigen Panzerarmeen konzipiert, die uns längst nicht mehr bedrohen – während die Franzosen blitzschnell umdachten und dem Tiger eine schwenkbare Kanone zur wirksamen Unterstützung ihrer Infanterie einbauten. Vom deutschen Drohnendesaster mal ganz abgesehen.

Es ist eine unangenehme Wahrheit, mit der sich viele Deutsche schwertun, dass Streitkräfte vor allem in der Lage sein müssen, zu kämpfen und notfalls auch zu töten. Soll die Bundeswehr tatsächlich eine Einsatzarmee zum Schutz deutscher Interessen sein, benötigt sie bestes Material und beste Waffen. Und dazu gehören auch bewaffnete Drohnen, die eigenes Leben schonen. Das kostet viel Geld, aber das sind wir unseren Soldaten und Soldatinnen schuldig, die Leib und Leben riskieren. Ursula von der Leyen besitzt außer beachtlicher Intelligenz auch eine diamantene Härte. Sie sollte beides nicht nur für Krabbelgruppen einsetzen, sondern auch dazu, Gedankenträgheit und Inkompetenz in ihrem Beritt zu beenden.