Der „Sextremismus“ läuft Gefahr, lästig zu werden

Femen sind junge und hübsche Frauen, zwischen 20 und 35 Jahren alt, und sie sind furchtbar zornig auf das bestehende Gesellschaftssystem. Sie lehnen sich auf gegen Diktatur und jegliche Form von Unterdrückung sowie gegen den (vermeintlichen) Machtmissbrauch durch Religionen. Dabei nutzen sie die legalen und gewaltfreien Grenzen des friedlichen Protests, indem sie ihre Forderungen kurz und knapp formulieren und ihre nackten Oberkörper als Transparente nutzen. Rund 200 Sympathisantinnen dürfte das Netzwerk, das 2008 in der Ukraine zunächst als Protestbewegung gegen die Zwangsprostitution gegründet wurde, inzwischen zählen. Längst agieren die Femen jedoch weltweit, etwa 20 von ihnen sind deutsche Staatsbürgerinnen.

Provokation ist immer ein wesentlicher Bestandteil eines Protests. Und je totalitärer und autoritärer ein Staat oder eine Gesellschaft sind, desto gefährlicher wird es auch für die Femen, sich für oder gegen eine Sache zu entblößen. Deshalb wurden ihre spektakulären Aktionen in der Ukraine, in Russland oder in Tunesien hierzulande auch weniger belächelt, sondern stattdessen häufig von Respekt begleitet und als mutig bewertet. Doch je provokanter die Provokation, desto schneller nützt sie sich ab.

„Flitzer“ in Fußballstadien oder splitternackte Tierschützerinnen in Einkaufspassagen sorgen nur noch für ein Gähnen. Auch die Femen haben innerhalb eines Jahres schon viermal in der Bundesrepublik blankgezogen: Das politisch motivierte Strippen läuft so Gefahr, inflationär und damit lästig zu werden. Und wenn wie jetzt im Kölner Dom auch noch die weihnachtliche Stimmung durch eine halb nackte Demonstrantin verdorben wird, die auf dem Altar ihren Zorn gegen den vermeintlichen Sexismus der katholischen Kirche postuliert, wird es geradezu kontraproduktiv. Zwar hat gerade die Kirche eine Menge Angriffsfläche geboten, aber der neue, engagierte Papst Franziskus ist der falsche Adressat. Zum anderen darf es auch nicht das Ziel sein, die Gefühle Tausender von Gläubigen zu verletzen – ganz gleich, wie man zur Kirche und zum Glauben steht. Denn auch das verstößt gegen Menschenrechte.