Die Aussichten für den Containerumschlag sinken

Man kann die neue Potenzialstudie für den Hamburger Hafen auf zweierlei Art lesen. Variante eins: Hafenverwaltung und Wirtschaftsbehörde lassen sich die Aussichten nachträglich realistischrechnen, nachdem die Entwicklung des internationalen Handels ohnehin keinen anderen Schluss mehr zulässt. Variante zwei: Hamburg reagiert auf die Veränderungen der Weltwirtschaft, setzt stärker auf andere Geschäftsfelder als bislang und behält die Chancen eines weiter wachsenden Güterumschlags dennoch im Auge.

Es spricht mehr für Variante zwei als für eins. Die Entwicklung des Hafens ist ein extrem langfristiges Geschäft. Nicht nur müssen strategische Reserveflächen für das Wachstum kommender Jahrzehnte gesucht und politisch ausgewiesen werden. Auch die Planung und der Aufbau eines einzelnen Terminals, einer zentralen Hafenbrücke, Straßen- oder Schienenverbindung dauert Jahre. Vor diesem Hintergrund geschah die jüngste Korrektur der Hafenplanung geradezu in Rekordzeit.

Noch im Hafenentwicklungsplan von 2012 sahen Hafenwirtschaft und Senat für den zentralen Hafenbereich Steinwerder den Aufbau eines großen Mehrzweckterminals vor. Nun soll dort zunächst ein Kreuzfahrtterminal entstehen. Wie lange dieses in Betrieb bleibt, entscheidet letztlich auch die Entwicklung des Güterverkehrs. Für die kommenden 15 Jahre wird Steinwerder vermutlich ein Anlaufpunkt für das in Hamburg boomende Kreuzfahrtgeschäft werden.

Die Strategie, die Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) hier verfolgt, ist richtig. Es ergibt keinen Sinn, Kapazitäten für den Güterumschlag aufzubauen, die mittelfristig nicht benötigt werden. Die Betreiber des Tiefwasserhafens Wilhelmshaven machen damit derzeit schmerzliche Erfahrungen. Ein Ausbau der Kreuzfahrten wiederum nützt Hamburg als beliebtem Anlaufpunkt des Tourismus. Zudem bedeutet eine wachsende Zahl von Schiffspassagieren für das Hafengeschäft eine strategische Stärkung. Insofern stellt die neue Studie eine willkommene Annäherung von Wunsch und Wirklichkeit dar.