Ein Kommentar von Peter Wenig

Die ersten Zweifler meldeten sich unmittelbar nach dem Ende des großen Rührstücks in der Münchner Basketball-Arena in den Internet-Foren. „Waren die Tränen wirklich echt?“ lautete die heiß diskutierte Frage angesichts der Bilder eines weinenden Uli Hoeneß, übermannt von der Rührung ob der Ovationen bei der Jahreshauptversammlung.

Wer den Bayern-Macher etwas kennt, weiß, dass zumindest dieser Vorwurf unberechtigt ist. Kein anderer der deutschen Fußball-Gewaltigen ist so nah am Wasser gebaut wie Uli Hoeneß, der auch bei vergleichsweise harmlosen Anlässen feuchte Augen bekommt. Weit interessanter ist dagegen die Frage, ob sich der geständige Steuerhinterzieher mit seinem Auftritt wirklich einen Gefallen getan hat.

Erneut stilisierte sich Hoeneß in seiner liebsten Rolle – als Opfer: „Die einzige Selbstanzeige, die so in aller Öffentlichkeit dargestellt worden war, war meine.“ Natürlich fehlte in seiner Verteidigungsrede weder der Hinweis auf seine Spendierfreude („über fünf Millionen Euro“) noch die Hoffnung auf einen „fairen Prozess trotz der medialen Vorverurteilung“.

Es ist menschlich verständlich, dass sich ein Mensch in der schwersten beruflichen Krise seines Lebens nach Solidarität sehnt. Dennoch wäre Hoeneß, der sich wie kaum ein anderer in den vergangenen Jahren als moralische Instanz in Deutschland geriert hat, mehr Demut zu wünschen. Vor dem Rechtsstaat. Und vor den vielen Bürgern, die nicht akzeptieren können, warum der Präsident des deutschen Rekordmeisters trotz eines solch schwerwiegenden Vergehens weiter an seinem Amt klebt.