Die Mitglieder des FC Bayern feiern bei der Jahreshauptsammlung ihren Präsidenten Uli Hoeneß trotz der Steuersünden

München. Am Ende, nachdem schon so viel gesagt worden war, packte Uli Hoeneß noch mal die Pathoskeule aus. „Ich könnte Sie heute Abend alle umarmen“, rief er dem Bayern-Volk im Audi Dome entgegen: „Es war ein unglaubliches Erlebnis für mich. Ich danke Ihnen für die Zuneigung und Liebe zu diesem Verein – und ein bisschen auch für mich.“ Jubel, Abgang, Vorhang.

Seit Langem schon sind Jahreshauptversammlungen beim FC Bayern München Demonstrationen von Macht und Stärke, von der Leistungsfähigkeit der Bayern im Allgemeinen und des national besten Fußballclubs im Besonderen. Mittwochabend ging es allerdings noch ein bisschen spezieller zu als sonst. Es war die erste Mitgliederversammlung für den Clubpräsidenten Hoeneß nach Bekanntwerden der Steueraffäre, es war somit auch ein Seismograf für die Stimmung rund um den Boss.

Gemessen an dem, was sich in den gut drei Stunden abspielte, ist die Bayern-Welt in bester Ordnung. Hoeneß erhielt Huldigungen fast im Minutentakt, der Präsident gab den Applaus dankend zurück: „Ich verspreche Ihnen: Wenn ich dabeibleiben kann, werde ich diesem Verein dienen, bis ich nicht mehr atmen kann.“

Nach dem Prozess im März will Hoeneß bei einer außerordentlichen Mitgliederversammlung die Vertrauensfrage stellen. „Ich möchte Ihnen die Möglichkeit geben zu entscheiden, ob ich noch der richtige Präsident für diesen Verein bin. Wenn ich keine klare Mehrheit bekomme, werde ich mich jedem Votum unterwerfen“, sagte er. Wer die Reaktionen an diesem denkwürdigen Abend erlebt hat, ahnt, wie das Votum ausfallen wird. Doch während sie sich beim Rekordmeister einschwören auf stürmische Monate, fragt sich der Rest der Republik, wie es bestellt ist um das Rechtsverständnis bei den Bayern.

Ein bisschen mehr Demut hätte der ganzen Veranstaltung zweifelsohne gutgetan. Stattdessen suchten die Protagonisten förmlich nach der zu erwartenden Ehrerbietung. An diesem emotional komplett überfrachteten Abend wandte sich etwa auch der Vorbestrafte direkt an den Angeklagten: „Ich wünsche Uli Hoeneß, dass die Sache für ihn gut ausgeht“, sagte der Vorstandsvorsitzende Karl-Heinz Rummenigge, abgestraft wegen nicht verzollter Uhren, und löste damit die nächste Gefühlsregung in der Halle und beim Adressaten aus. Hoeneß entgegnete mit feuchten Augen: „Lieber Karl-Heinz, ich bin überwältigt. Aber nicht nur von deiner Rede, sondern auch der Reaktion unserer, meiner Mitglieder.“

„Die Tränen von Uli Hoeneß waren definitiv echt. Er war gerührt von der Situation und hatte das Selbstbewusstsein, diese Emotionen auf offener Bühne zuzulassen“, sagte Michael Moesslang, Experte für Körpersprache.

Bei all den Lobhudeleien für den angeschlagenen Boss ging eines fast ein wenig unter: Neben sportlichen Rekorden verzeichnet der FC Bayern München auch finanziell Bestmarken. In der historischen Tripelsaison ist der Meister, Pokalsieger und ChampionsLeague-Gewinner wirtschaftlich in eine neue Dimension vorgestoßen. 432,8 Millionen Euro setzte der Gesamtkonzern um und erwirtschaftete dabei einen Gewinn von 14 Millionen Euro. Und das bei deutlich gestiegenen Personalkosten: Nach 165,6 Millionen Euro vor einem Jahr erreichte dieser Posten 202,8 Millionen Euro für das Geschäftsjahr 2012/2013. Das ist deutlich mehr als die in diesem Ranking auf Platz elf bis 18 platzierten Bundesligaclubs zusammen an Personalkosten aufweisen und etwa dreimal so viel wie der Hauptrivale Borussia Dortmund sich seine Profis kosten lässt.