Hamburg errichtet nach fünf Jahren wieder geschlossenes Heim für junge Intensivtäter

Das Für und Wider einer geschlossenen Unterbringung für hoch kriminelle Jugendliche ist in Hamburg seit jeher kontrovers diskutiert worden – und ideologisch geprägt. Dabei überwiegen die Argumente für solche Einrichtungen. Aber eine zeitlich überschaubare Heimunterbringung kann nur die Ausnahme sein, wenn alle anderen Erziehungsversuche gescheitert sind. Sozialsenator Detlef Scheele (SPD) ist ein Verfechter der geschlossenen Unterbringung. Er handelt jetzt also nur folgerichtig, wenn er sie wieder einführt.

Das Heim wird nicht jene monströsen Ausmaße haben, die sich einst der damalige Innensenator Ronald Schill für die Feuerbergstraße vorgestellt hatte. 200 Insassen sollte es gleichzeitig beherbergen. Tatsächlich waren es in den fast sechs Jahren bis 2008 zusammen nur 50 Jugendliche. Der tatsächliche Bedarf ist also sehr viel niedriger. Laut SPD-Mann Scheele liegt er bei bis zu 15 Plätzen im Jahr.

Es waren äußere Umstände, die Scheele gezwungen haben zu handeln. Vor einer Woche gab die brandenburgische Jugendministerin Martina Münch (SPD) bekannt, dass sie die nach Missbrauchsvorwürfen in Verruf geratenen Heime der umstrittenen Haasenburg GmbH schließen werde. Dennoch war es mutig von Scheele, sich auf ein eigenes Konzept festzulegen. Das politische Risiko ist nicht gering, schließlich hängt Scheeles Erfolg gleich von mehreren Faktoren ab. Am meisten ist er angewiesen auf das Wohlwollen der Nachbarländer. Der Standort der neuen Einrichtung soll nicht in Hamburg sein. Das ist eine Lehre aus der Feuerbergstraße, die wegen ihrer zentralen Lage keine Distanz zwischen den Jugendlichen und ihrem kriminellen Umfeld schaffen konnte.

Wird es also gelingen, ein Nordland dazu zu bringen, die Einrichtung auf dessen Gebiet zu errichten? Wird es auch gelingen, mehrere Länder von dem Hamburger Konzept für eine Zusammenarbeit zu überzeugen? Schafft Scheele das nicht, ist er am Ende gescheitert. Und schließlich gibt es den Faktor Zeit. Jeder neue Fall eines außer Kontrolle geratenen jugendlichen Intensivtäters brächte den Senator in Zugzwang.

Man kann es als einen freundlichen Akt bezeichnen, dass die Sozialbehörde private Organisationen fragt, ob sie eine geschlossene Unterbringung führen können – und vor allem wollen. Das wird das ohnehin mitunter angespannte Verhältnis zu Teilen der Trägerschaft befrieden. Außerdem kann hinterher niemand meckern, er sei von vornherein ausgeschlossen worden. Es ist wahrscheinlich, dass kein privates Unternehmen dieses Risiko eingehen wird. Wer eine geschlossene Unterbringung betreibt, der begibt sich in das Schussfeld der Öffentlichkeit. Keine andere soziale Einrichtung steht derart im Rampenlicht.

Eine Lehre aus dem Fall Haasenburg ist aber auch, dass die geschlossene Unterbringung eine staatliche Aufgabe sein sollte. Auch wenn die Maßnahme keine Gefängnishaft ist und auch durch die Eltern legitimiert wurde, so ist die geschlossene Unterbringung doch eine freiheitsentziehende Maßnahme. Das macht besser kein Privater. Außerdem macht es den Staat handlungsfähiger, wenn er selbst ein Konzept bestimmt, wie mit solchen Jugendlichen umzugehen ist. Und am Ende ist er auch besser in die Haftung zu nehmen, wenn etwas schiefgeht, so wie es im Fall Haasenburg offenbar passiert ist.

Brandenburg hat mit der Ankündigung, die Haasenburg-Heime zu schließen, womöglich vorschnell gehandelt. Das hat unlängst der Leiter der Untersuchungskommission zu verstehen gegeben, als er sagte, dass die Schließung nicht empfohlen wurde. Die Folge: Nun muss es schnell gehen – und vor allem besser. Daran wird sich Hamburg messen lassen müssen.