St. Paulis Trainerbeurlaubung ist konsequent, aber auch bitter.

Im ersten Moment müssen die Anhänger und interessierten Betrachter an einen viel zu frühen oder zu späten Aprilscherz geglaubt haben, als sie davon erfuhren, dass sich der FC St. Pauli von seinem Cheftrainer Michael Frontzeck getrennt hat. Von jenem Mann also, der in der vergangenen Saison den Kiezclub vor dem Abstieg bewahrt und das jetzt neu formierte Team in der oberen Tabellenhälfte der Zweiten Liga anscheinend etabliert hat. Nichts deutete auf ein Zerwürfnis hin. St. Pauli und der manchmal knurrige, aber auch hintergründig witzige Niederrheiner Frontzeck – das schien zu passen.

Doch seit vier Wochen brodelte es hinter den Kulissen, nachdem Frontzeck auf eine schnelle Entscheidung gepocht hatte, ob sein im kommenden Sommer auslaufender Vertrag bereits jetzt verlängert wird. Das Präsidium wollte sich darauf nicht einlassen und beharrte – aus guten Gründen – auf einer Entscheidung in der Winterpause. Beide Seiten blieben so standhaft, dass die Lage eskalierte und die sofortige Trennung unausweichlich war. Die Vereinsführung empfand Frontzecks Ansinnen als ein Ultimatum. Darauf darf sich ein Arbeitgeber, ganz gleich ob im Profi-Fußball oder im „richtigen Leben“, nicht einlassen.

Sieger in diesem Konflikt ist die St.-Pauli-Führung dennoch nicht. Der Verein hat über Nacht einen Trainer verloren, der Charisma und Fachwissen miteinander verband, auch wenn er sicherlich kein Entertainer war. Wichtiger noch: Unter ihm bildeten seine Spieler ein Team, es gab keine Grüppchenbildung. Es ist kein Selbstgänger, einen Nachfolger zu finden, der auch diese Qualitäten besitzt und in einer Medienstadt vorzeigbar ist.

Die Spieler des FC St. Pauli haben einen Coach verloren, der sich auch nach Niederlagen in aller Regel vor sie gestellt und weitgehend aus der Schusslinie genommen hat. Und schließlich hat Michael Frontzeck selbst einen Arbeitsplatz verloren, auf dem er sich ganz offensichtlich und auch nach eigener Aussage sehr wohl gefühlt hat. Er hat auch die große Chance verloren, aus talentierten Spielern einen Aufstiegsaspiranten zu formen und sich damit selbst wieder für höhere Aufgaben zu profilieren.