Parteitag voller Harmonie bestätigt Spitzenpersonal

Wer die Hamburger Grünen auf ihrer Landesmitgliederversammlung erlebt hat, der konnte sich schon die Augen reiben. Die Partei, die sich über Jahrzehnte an ihren erbitterten Flügelkämpfen beinahe zerrieben und einmal vorübergehend gespalten hat, ist heute ein Ausbund von Harmonie. Das Spitzenpersonal wird ohne Gegenkandidaten und ohne Debatte mit beinahe stalinistischen Ergebnissen wiedergewählt. Und das Verkehrskonzept, mit dem die Partei dem SPD-Senat Feuer unter dem Kessel machen will, wurde einstimmig abgesegnet.

Wahr ist, dass heute eine Generation von Politikern bei den Hamburger Grünen den Ton angibt, der das alte Lagerdenken fremd ist und die deswegen kompromissorientierter und pragmatischer ist als ihre Vorgänger. Die innerparteiliche Geschlossenheit ist aber auch Folge einer Erkenntnis, die die lange erfolgsverwöhnten Grünen erschüttert hat: Der Sympathiebonus bis weit ins bürgerliche Lager hinein, von dem die Partei lange zehrte, ist verbraucht. Früher galt der Spruch: Die Grünen können statt Kandidaten auch einen Strohsack aufstellen und werden doch gewählt.

Heute existiert in einem urbanen Zentrum wie Hamburg mit seinen unterschiedlichen Milieus ein verschärfter politischer Wettbewerb. Das gilt besonders in dieser Wahlperiode mit einer allein regierenden SPD und vier Oppositionsfraktionen in der Bürgerschaft. Manch schriller Ton, wie er vor allem von Grünen-Fraktionschef Jens Kerstan angeschlagen wird – etwa beim Streit über den Rückkauf der Energienetze –, versteht sich nicht zuletzt aus dieser Konkurrenz.

Und noch etwas musste die Partei verkraften: das Scheitern ihrer großen Reformprojekte – Primarschule und Wiedereinführung der Stadtbahn – in der Phase der schwarz-grünen Koalition. Die programmatische Neuausrichtung war danach ebenso nötig wie die Klärung des politischen Selbstverständnisses. Parteichefin Katharina Fegebank steht für den neuen Kurs der kleinen Reformschritte anstelle des allzu großen Wurfs. Wenn die Grünen ihre Politik konkreter und praktischer machen, kann das der Stadt nur nützen.