Fegebank will nun „auf Angriff schalten“. Sie erzielte mit 89,2 Prozent bestes Ergebnis ihrer Amtszeit

Wandsbek. So viel Harmonie war vermutlich nie: Ohne Nachfragen und Aussprache haben die Grünen auf ihrer Landesmitgliederversammlung im Bürgerhaus Wandsbek am Wochenende ihre Parteispitze gewählt. Die alte und neue Landesvorsitzende Katharina Fegebank erzielte mit 89,2 Prozent Zustimmung ihr bestes Ergebnis in ihrer fünfjährigen Amtszeit. Weder Fegebank noch der Bundestagsabgeordnete Manuel Sarrazin, der mit 88,3 Prozent erneut stellvertretender Parteichef wurde, hatten einen Gegenkandidaten.

Fegebank kündigte nach ihrer Wahl an, ihre Partei werde „nun den Hebel umlegen und auf Angriff schalten“. Dabei haben die Grünen nach der Etappe der Europa- und Bezirkswahlen im Mai 2014 vor allem die Bürgerschaftswahl im Februar 2015 im Blick. „An uns soll 2015 kein Weg vorbeiführen“, hatte Fegebank in ihrer Nominierungsrede unter dem Beifall der rund 150 Mitglieder gesagt. „Wir müssen die absolute Mehrheit von Olaf Scholz in der Stadt knacken.“ Mit Blick auf den allein regierenden Scholz sagte sie: „Alleinsein tut auf Dauer nicht gut.“

Nach dem enttäuschenden Abschneiden bei der Bürgerschaftswahl 2011 hatten sich die Grünen einen Erneuerungsprozess auferlegt. „Mehr Kommunikation, mehr Beteiligung – wir waren viel auf der Straße. Das ist Teil unserer neuen Kultur und unseres Selbstverständnisses“, sagte Fegebank. In mehreren Stufen wollen die Grünen auch inhaltlich neue Schwerpunkte setzen. Als ersten Schritt haben die Mitglieder einstimmig ein Mobilitätskonzept für Hamburg verabschiedet.

Die Grünen wollen den erwarteten Rückgang des Anteils des innerstädtischen Autoverkehrs (laut ADAC von 58 auf 40 Prozent bis 2030) nutzen, um mehr Bewegungsraum für Radfahrer und Fußgänger zu schaffen. „Wir wollen Bürgersteige zu sozialen Begegnungsräumen machen, Fuß- vom Radverkehr trennen und das Gehen durch längere Ampelräumphasen und durch Abschaffung von Bettelampeln fördern“, heißt es in dem 19-seitigen Papier. Tempo 30 soll überall dort gelten, „wo Menschen leben und schlafen“, das heißt in Wohngebieten und auf Nebenstraßen.

Nach dem Willen der Grünen soll das Tarifsystem des HVV so weiterentwickelt werden, dass sich auch Einzelfahrten lohnen. Die U-Bahn-Takte sollen verdichtet und die S-Bahn ins Umland verlängert werden – so soll zum Beispiel die AKN bis Kaltenkirchen zur S-Bahn umgebaut werden. Und die Grünen haben eine alte Bekannte im Gepäck. „Wir möchten die Hamburger in einem offenen Dialog von der Stadtbahn überzeugen und den Bau in einem Referendum abstimmen lassen“, heißt es in dem Mobilitätskonzept.

Mit dem eindrucksvollen Ergebnis von 97 Prozent Zustimmung nominierte die Mitgliederversammlung den Europaabgeordneten Jan Philipp Albrecht für einen aussichtsreichen Platz auf der Bundesliste der Grünen für die Europawahl. „Der demokratische Rechtsstaat ist im Ausnahmezustand“, sagte Albrecht mit Blick auf die NSA-Ausspähaffäre. Deswegen sei die von ihm mit verhandelte EU-Datenschutzverordnung besonders wichtig.

Zu Beginn des Konvents hatten Sprecher der „Lampedusa-Gruppe in Hamburg“ bei einem Gastauftritt ihre Forderungen nach einem dauerhaften Bleiberecht bekräftigt. „Wir sind eine starke internationale Gruppe mit intelligenten und talentierten Leuten und keine Kriminellen“, sagte ein Sprecher. Die Gruppe, zu der zwischen 200 und 300 Flüchtlinge aus Westafrika zählen, sei nicht gespalten. „Nur elf der 80 Männer in der St. Pauli Kirche wollen auf das Angebot einer Duldung eingehen“, sagte der Sprecher. Die große Mehrheit sehe „in der Duldung keine rechtsverbindliche Sicherheit“, in Hamburg bleiben zu können. Nach anderslautenden Berichten sollen alle 80 Männer, die in der Kirche auf St. Pauli Unterschlupf gefunden haben, bereit sein, sich auf das Verfahren eines Antrags auf Aufenthalt aus humanitären Gründen einzulassen, das die Offenlegung ihrer Identität einschließt.

Die Grünen-Flüchtlingspolitikerin Antje Möller forderte den SPD-Senat erneut auf, politisch zu entscheiden. „Es braucht Ermessen für eine humanitäre Entscheidung, damit die Flüchtlinge auf Dauer hier bleiben können“, sagte Möller. „Wir müssen politisch sagen, dass Hamburg eine Stadt ist, die es sich erlauben kann, Flüchtlinge aufzunehmen“, sagte Parteichefin Fegebank.