Gut für Italien, das dringend Reformen braucht

20 Jahre lang hat Silvio Berlusconis die Geschicke Italiens bestimmt. Eine ungewohnte Kontinuität in einem Land, in dem Regierungen üblicherweise schon nach ein paar Monaten verschlissen sind. Das derzeitige Kabinett Letta ist das 64. der Nachkriegsgeschichte. Nur bedeutet Kontinuität nicht auch gleichzeitig Stabilität und Wohlstand – jedenfalls nicht, wenn sie mit dem Namen des Mailänder Medienmoguls verbunden ist. In seiner Regierungszeit hat er keines seiner Versprechen eingelöst – stattdessen ist die drittgrößte Volkswirtschaft des Kontinents auch eines der größten Sorgenkinder der EU: hoch verschuldet, von Massenarbeitslosigkeit geplagt und ineffizient in der Verwaltung.

Das hängt auch damit zusammen, dass es Berlusconi stets mehr um den eigenen Vorteil als um das Wohl des Landes ging. Bei der Wahl seiner Mittel war er nie zimperlich. Das hat ihm eine Reihe von Prozessen und nun auch die erste rechtskräftige Verurteilung wegen Steuerhinterziehung eingebracht. Zuletzt war er nur noch mit sich selbst und der Rettung seines Einflusses beschäftigt. Deshalb versuchte er auch die Regierung Letta zu stürzen. Er ist damit kläglich gescheitert, weil ihm mittlerweile die eigenen Leute die Gefolgschaft verweigern. Nicht etwa nur die Hinterbänkler. An der Spitze der Fronde steht sein Kronprinz Angelino Alfano. Neben den negativen Auswirkungen einer neuerlichen Regierungskrise auf das Land, die EU und die internationalen Märkte dürfte der 42 Jahre alte Anwalt aus Sizilien auch an sein eigenes Fortkommen gedacht haben. Sich weiter bedingungslos an einen 77-Jährigen zu binden, dessen Zukunft nicht mehr zwischen Regierungsbank und Senat, sondern nach seiner Verurteilung zwischen Hausarrest und Sozialarbeit und weiteren Prozessen liegt, dürfte wenig opportun sein.

Regierungschef Letta muss sich jetzt seiner eigentlichen Arbeit zuwenden: Er will Sozialleistungen kürzen, um das Haushaltsdefizit weiter zu senken. Er wird auch überflüssige öffentliche Ausgaben einsparen, Tarifverhandlungen dezentralisieren und die Banken konsolidieren müssen. Auch ohne Störfeuer Berlusconis wahrlich keine leichte Aufgabe.